Kurfürstliche Schlosswache: Junge Generation übernimmt: Lord und Lady mit Landbesitz

17.04.2018 - 16:06 Uhr

Die neue Vorsitzende ist gerade mitten in ihrer Ansprache, als der Bote hereinschneit. Er habe wichtige Nachricht vom König. Friedrich V. verfügt, dass Gabriele und Gerd Wennicke in den Adelsstand erhoben werden. Als Lady und Lord haben sie obendrein Land in Schottland.

Gerd Wennicke (am Rednerpult) nimmt als Hauptmann der Kurfürstlichen Schlosswache seinen Hut. Er und seine Frau Gabriele (rechts daneben) machen Platz für die nächste Generation. Ihre Tochter Katharina Wennicke (links) und Alexander Pawlow (dahinter) übernehmen die Vereinsführung und damit auch Fahne und Schwert des Vereins. Bild: Steinbacher

Nun, der Winterkönig Friedrich V. ist natürlich längst tot. Also konnte er am Samstagabend auch keinen Boten ins Paulaner-Gemeindehaus schicken. Dennoch dürfen sich Gabriele und Gerd Wennicke künftig Lord und Lady nennen. Wenn nicht von Queen Elisabeth II. in den Adelsstand erhoben, dann doch von den Mitgliedern ihrer kurfürstlichen Schlosswache, für die sie sich in 20 Jahren, in denen der Verein nun besteht, überaus engagiert haben.

Den 20. Geburtstag ihres Vereins feierten die Mitglieder mit zahlreichen befreundeten historischen Gruppen ausgiebig. Zugleich war es der offizielle Stabwechsel. Denn für Gerd Wennicke, der seit der Gründung Vorsitzender und Hauptmann der Schlosswache war, übernahm dessen Tochter Katharina Wennicke das Amt an der Vereinsspitze. Unterstützt wird sie von Alexander Pawlow als Stellvertreter. Auch die Insignien wurden beiden übergeben: Fahne und Vereinssschwert, in dem das Vereinsmotto "Zukunft braucht Herkunft" eingraviert ist. Sowohl Gerd Wennicke als auch Katharina Wennicke stellten das Leitmotiv des Vereins in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Der bisherige Vorsitzende ging auf die Anfänge ein., erwähnte nicht nur die "Feldzüge der Schlosswache durch Deutschland und Europa" und vielfältiges Lagerleben, sondern auch das vielfältige Engagement der Mitglieder in Kindergärten und Schulen.

Besonders hob er den Einsatz für die Soldatengräber in Amberg hervor. Zu Allerheiligen werden von Mitgliedern und weiteren Helfern 140 Kränze gebunden, um die letzten Ruhestätten der Soldaten zu schmücken. Einen Wunsch äußerte er am Ende seiner Amtszeit noch: Da die kurfürstliche Schlosswache bis heute kein Vereinsheim habe (benötigt würde nur ein absperrbarer Raum mit Strom und Toilette), aber derzeit so viele historische Gebäude saniert würden, "müsste doch was zu machen sein". Gerd Wennicke kämpfte am Ende seiner Rede mit den Tränen, die Mitglieder zollten ihm und seiner Frau Gabriele zum Abschied stehende Ovationen.

Die Geschichte der Schlosswache seien 20 Jahre voller Höhen und Tiefen, blickte Katharina Wennicke zurück und sprach von Freundschaft, Gemeinschaft und wunderschönen Momenten. "Es sind große Fußstapfen, in die wir da treten", bekannte sie. Und dann kam auch schon der Bote von Friedrich V. um die frohe Kunde von der Erhebung in den Adelsstand zu überbringen. Gabriele und Gerd Wennicke sind künftig Lady und Lord von Glencoe und Lochaber - und Landbesitzer in Schottland. Zum 20. Geburtstag des Vereins gratulierten zahlreiche befreundete Gruppen, darunter auch das Stiber-Fähnlein aus Sulzbach-Rosenberg, das mit der kurfürstlichen Schlosswache das Band der Freundschaft erneut knüpfte.

Unter den Gästen, die mit dem Geburtstagskind ausgiebig feierten, war auch der ehemalige Landrat Armin Nentwig. Er sprach von "meiner Schlosswache, die mich in meiner Amtszeit beschützt hat".

Unterschiede im Abendmahl und im Verständnis von Kirche und Staat

"Ohne Genuss und ohne Luxus"

Amberg. (san) Die kurfürstliche Schlosswache repräsentiert die Zeit um 1600. Es war die Zeit von Friedrich V., der unter seinem Spottnamen Winterkönig in die Geschichte einging. Der Kurfürst wurde Regent von Böhmen, unterlag aber 1620 in der Schlacht am Weißen Berg den kaiserlichen Truppen. Dadurch verlor er alle seine Territorien und musste nach Holland ins Exil fliehen. In der Folge wurde Amberg katholisch.

Die kurfürstliche Schlosswache ließ diese Zeit auch zu Beginn ihrer 20-Jahr-Feier aufleben: mit einer Andacht nach calvinistischem Ritus in der Paulanerkirche. Der Calvinismus war laut Gerd Wennicke, dem bisherigen Hauptmann der Schlosswache, geprägt von strengem Glauben und harter Arbeit. Dass sie Genuss und Luxus ablehnten, erwartete Calvin von seinen Anhängern. Paulaner-Pfarrer Joachim von Kölichen erklärte, dass für die Andacht Kompromisse gefunden werden mussten. "Wir können die Paulanerkirche nicht entbarockisieren". Zudem war Musik einer historischen Gruppe zu hören. "Auch das ist ein absolutes No-Go in der reformierten Gemeinde".

Während des Glaubensbekenntnisses blieb er am Lesepult, weil in der reformierten Kirche der Pfarrer nicht am Altar steht. Joachim von Kölichen zeigte noch einen Unterschied auf: der reformierte Pfarrer predige mit der geschlossenen Bibel in der Hand und ohne jegliche Notizen circa 57,5 Minuten. Am Abendmahl und an der Politik erkenne man, dass das innerprotestantische Denken sehr gespalten war, sagte der evangelische Pfarrer. Wie die römisch-katholische Kirche, sah auch Martin Luther in Brot und Wein den Leib und das Blut Christi. Für die Reformierten hingegen seien dies nur Symbole. Luther habe die Theologie weitgehend von weltlichen Gedanken fern halten wollen. "Die reformierte Lehre zieht Gott in die Welt hinein." Somit sei die reformierte Kirche zwar nicht wie die lutherischen Christen in die Falle der Nationalsozialisten gelaufen, andererseits hätte sich gerade in einem furchtbaren Apartheidssystem in Südafrika das pure reformierte Kirchenstaatsverständnis gezeigt.

 
 

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