Amberg/Weiden/Zwiesel. Als Auslöse hat sich "Antenne Bayern" eine Quatschveranstaltung ausgedacht: Bürgermeister Franz Xaver Steininger musste passend zum nasskalten Aprilwetter am Freitag ein "Mainachten", den ersten Christkindlmarkt 2017, organisieren. "Das hat mit Brauchtum nichts zu tun", schimpft Günther Magerl, "zeigt mir einen Verantwortlichen, der da noch Lust hat zum Schmücken." Der Heimatringvorsitzende aus Weiden ist seit 17 Jahren Chefaufsteller des Maibaums am Unteren Markt. Magerl ist für einen "Gspaß" zu haben, aber: "Das ist Humbug auf Kosten der Ehrenamtlichen."
Gegen einen Klau der in der Mondphase geschlagenen, 25,70 Meter hohen Fichte - nach allen Regeln der Maibaum-Kunst - hat er nichts einzuwenden: "Das erste Mal gestohlen wurde er uns 1996 von den Pfaffenreuthern", sagt er ohne Ärger. "Die haben uns einen Zettel hinterlassen, wie wir sie erreichen." Nach dem ersten Anruf waren die Verhandlungen abgeschlossen: "Kommt's zum Festzug", habe er gesagt, "da kann ich euch besser bewirten."
Die historischen Wurzeln des Maibaums seinen keine vorgeschichtlichen Fruchtbarkeitsbäume, sagt Harald Fähnrich, Autor des Buches "Lebendiges Brauchtum in der Oberpfalz", "alles Quatsch". Die Romantiker hätten das im 19. Jahrhundert aufgebracht, weil sie alles mit Germanen oder Kelten in Zusammenhang gebracht hätten. In Wirklichkeit handle es sich um einen Heischebrauch: "Burschen oder auch Soldaten stellten vors Wohn- oder Rathaus von Honoratioren größerer Orte ein Fichten- oder Birkenbäumchen - natürlich gegen Fressen und Saufen."
Daraus habe sich über Umwege wie dem Kannesbaum am Johannestag der Maibaum entwickelt, der etwa in Kastl bei Kemnath seit etwa 1850 immer am 24. Juni aufgestellt worden sei, erzählt der Plößberger. "Am 1. Mai 1848 hat man in Ellenfeld bei Bärnau einen 15 Meter hohen Freiheitsbaum aufgestellt, weil die Bauern nach der Revolution formell für frei erklärt wurden", nennt der Lehrer einen anderen Aspekt.
Gestohlene Herzen
Schon 1860 habe man den Maibaum in Bärnau mit Eisenbändern absichern müssen, damit er nicht umgesägt wurde. Der Maibaum-Klau sei dagegen eine importierte Unsitte aus Oberbayern. Gestohlen wurden allenfalls Herzen: "Junge Männer stellten ein Maibäumchen für die Mädchen vors Haus - typisch für den Bayerischen Wald und Bärnau."
"Bei uns im Gäu sind Maibäume nicht verbreitet", sagt Ambergs Kreisheimatpfleger Josef Schmaußer. In Hirschau werde noch einer aufgestellt - eine für die Region untypische Birke. "Vor 20 Jahren gab's einen ziemlichen Wirbel, weil sie von den Schnaittenbachern umgesägt wurde." Bekannter seien Walpurgisnacht-Bräuche: "Man stellt da schon mal einer Frau mit losem Mundwerk eine greisliche Fichte aufs Dach." Und nur in Hausen habe sich der Brauch des "Hex austrommeln" erhalten: "12- bis 15-Jährige Burschen ziehen mit Blechkanistern und Bratheringbüchsen durch den Ort und bitten um Süßigkeiten und Kleingeld.
Menschen brauchen Bräuche
"Mit abnehmender Kirchenbindung wächst das Bedürfnis nach Festen, die das Jahr gliedern", beobachtet Bezirksheimatpfleger Tobias Appl. "Rituale braucht der Mensch, auch wenn der Glaube, der dahinter steht, an Bedeutung verliert." Inzwischen sei der Tanz um den Maibaum eines der zentralen Feste im Ort: "Wenn man miteinander was geschafft hat, schmecken Bier und Würstl doppelt gut." Der in vielen Orten wiederbelebte Brauch kenne verschiedene Ausprägungen. "Junge Männer müssen sich sportlich messen." Da passe es, wenn der Freier der Angebeteten in der Freinacht davor ein Bäumchen hochbindet und am 1. Mai beim Klettern die Muskeln spielen lasse. (jrh)
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