Damit ist das Thema wahlkampftauglich geworden. Nach der SPD haben es nun auch die Grünen in der Stadt aufgegriffen und am Donnerstagabend zum Gegenstand einer Podiumsdiskussion gemacht. Mit dem Regensburger Landtagsabgeordneten Jürgen Mistol kann die Partei auf Expertise zurückgreifen. Er kommt aus der Kommunalpolitik und ist in München Fraktionssprecher für wohnungspolitische Fragen.
Für sein einleitendes Statement erhielt Mistol, der die Situation umriss und Fördermöglichkeiten darlegte, Beifall von eher unerwarteter Seite. Maximilian Hahn, Geschäftsführer der kommunalen Stadtbau, sprach von einem "ausgezeichneten Vortrag". Bayern, so der Parlamentarier, hinke seit Mitte der 90-er Jahre beim Mietwohnungsbau dem Bedarf von 70 000 Einheiten im Jahr gewaltig hinterher. Im Ballungszentrum München oder Boomregionen wie Regensburg treibe das nicht nur die Preise in die Höhe, sondern schreie nach politischem Handlungsbedarf. Amberg sei nicht München, differenzierte Mistol zwar, gab aber die Devise aus, bedürfnisgerechten, nachhaltigen und bezahlbaren Mietwohnungsbau schaffen zu müssen.
Seit 2011 sind keine Mittel der klassischen Wohnungsbauförderung nach Amberg geflossen.Jürgen Mistol, Landtagsabgeordneter der Grünen
Deshalb verwundere ihn, dass nach Amberg "seit 2011 keine Mittel der klassischen Wohnungsbauförderung geflossen" seien. Weil der Bedarf angesichts von rund 5000 öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Einheiten in der Stadt weitestgehend gedeckt sei, konterten Hahn und Dieter Gerl, Geschäftsführer der Genossenschaft Wohnungsunternehmen Amberg. Auch hinsichtlich des Preises sehen beide kaum Probleme. Bei Mieten (kalt) von durchschnittlich zwischen 4,25 und 4,80 Euro pro Quadratmeter in ihrem Bestand werde die gängige Bezahlbarkeits-Definition, die zwischen 5 und 6 Euro liege, deutlich unterschritten.
Markt nicht am Kippen
Die Diskussion moderierte Grünen-Stadträtin Elke Winkel. Sie ist im Bereich der Familienbetreuung tätig und weiß, welche Probleme es gibt, wenn Sozialleistungen im Spiel sind. Eingeschränkt pflichtete ihr Martin Reinhardt, Leiter des städtischen Amts für soziale Angelegenheiten, bei. "Privaten Wohnraum für Sozialleistungsempfänger zu finden, ist außerordentlich schwer." Die Durchschnittsmiete sei aus der Sicht seines Amtes aber nicht überhöht, und zugeteilte Flüchtlinge hätten den einschlägigen Wohnungsmarkt keineswegs an seine Grenzen gebracht.
Privaten Wohnraum für Sozialleistungsempfänger zu finden, ist außerordentlich schwer.Martin Reinhardt, Leiter des Amts für soziale Angelegenheiten
Reinhardt spricht von derzeit knapp 200 Asylsuchenden, die momentan noch in Sammelunterkünften leben, und mit ihrer Anerkennung auf den Sozialwohnungsmarkt drängen. Von einer akuten Notsituation spricht der Amtsleiter jedenfalls nicht. Außer Zweifel, so ein Ergebnis der weiteren Diskussion, steht allerdings, dass mehrgeschossiger Mietwohnungs-Neubau in Amberg derzeit nicht in nennenswertem Umfang entsteht. Einfamilien- und Doppelhäuser bestimmen das Geschehen, und Hahn betonte, schlichtweg nicht an den Marktbedürfnissen vorbei planen zu können.
Altersgerecht bauen
In diese Richtung argumentierte auch Gerl, setzte als Wohnungsbaugenossenschaft angesichts der fortschreitenden Demografie jedoch einen ganz anderen Schwerpunkt. "Wir bauen nicht unbedingt zu wenig, wir bauen zu wenig das Richtige", lenkte er den Blick auf die demografische Entwicklung und Anforderungen, die an Mietwohnraum für alte Menschen zu stellen sind.
Wir bauen nicht unbedingt zu wenig, wir bauen zu wenig das Richtige.Dieter Gerl, Geschäftsführer der Genossenschaft Wohnungsunternehmen
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