420 Delegierte haben sich zum Landesparteitag der FDP im Amberger Kongresszentrum ACC versammelt. Meist plätschert der Parteitag nur gemütlich vor sich hin. Andrew Ullmann, Professor an der Universität Würzburg und seit 2017 Bundestagsabgeordneter, hält seine Bewerbungsrede für den Beisitz im Landesvorstand. Zwischen den Wahlen werden Programmanträge behandelt, so auch nach Ullmanns Rede. Die Jungen Liberalen stellen Antrag Nummer 28 vor. Es geht um die Entwicklung des ländlichen Raums.
Dann schreitet ein Mann mit wuchtigem Schnurrbart auf die Bühne und unterbricht die Parteitags-trance der Delegierten: "Ich halte das für einen der Hauptpunkte der Auseinandersetzung mit der CSU im Landtagswahlkampf", ruft der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil in den Saal. "Stadt und Land sind weit auseinander gerückt, weil die Landesregierung die falschen Ansätze hatte." Innovation im ländlichen Raum habe man vergessen. "Die Infrastruktur hat nicht mitgehalten. Wir sollten das zur Auseinandersetzung nutzen. Die FDP ist längst keine Partei der Ballungsräume mehr", sagt Zeil. Die Wahlergebnisse hätten gezeigt, auch im ländlichen Raum sei die Partei erfolgreich. "Es ist ein Thema, wo wir die CSU ganz besonders in ihrer Einfallslosigkeit stellen können."
Aufbruchsstimmung
Durch den Saal weht nicht nur seit der Rede Zeils Aufbruchsstimmung. Es ist ein neues Selbstbewusstsein der Liberalen. Die Lust am Diskutieren ist spürbar. Um kleine Formulierungen wird gerungen. Die FDP ist wieder da. 2013 aus dem Bundestag geflogen, gelang den Liberalen im September der Wiedereinzug mit 10,7 Prozent der Zweitstimmen. In Bayern holten sie 10,2 Prozent. Wäre am Sonntag Landtagswahl, käme die CSU laut einer Umfrage des Instituts INSA nur noch auf 37 Prozent. Davon profitiert einerseits die AfD (13 Prozent), aber auch die FDP (8 Prozent). Für die Liberalen könnte es im nächsten Jahr um die Regierungsbeteiligung gehen.
"Seit unserem Ausscheiden aus der Staatsregierung hat es im ländlichen Raum keine wirkliche Innovationsinitiative mehr gegeben", sagt Zeil später im Interview. "Stattdessen hat man eine relativ einfallslose Behördenverlagerung in Gang gesetzt, die nur manchmal Sinn gemacht hat." Das habe viel Geld gekostet. Jede Region müsse mit ihren Kompetenzen ihren Beitrag zur Wirtschaftskraft in Bayern leisten und sich international präsentieren können. In den vergangenen fünf Jahren sei die Kluft zwischen den Städten und den ländlichen Räumen eher größer geworden.
Nicht nur die FDP habe bei der Bundestagswahl gute Ergebnisse im ländlichen Raum erzielt, sondern auch die AfD. Der Erfolg der AfD müsse Sorgen machen. "Die Menschen fühlen sich zunehmend von der Staatsregierung vernachlässigt." Zeil kritisiert das Durcheinander der Bildungspolitik. "Wir hatten ein klares Konzept, auch für das Gymnasium. Das ist viel unklarer geworden. Die Schulfamilie kennt sich ja bald gar nicht mehr aus." Außerdem wolle die FDP sich um Haushaltsdisziplin bemühen.
"Neu aufgestellt"
Daniel Föst soll die Partei jetzt fit für den Wahlkampf machen. Mit knapp 79 Prozent wählen ihn die Delegierten am Samstagnachmittag zum neuen Landesvorsitzenden. Albert Duin, der die Partei von 2013 bis 2017 geführt hatte, war nicht mehr angetreten.
Föst ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter. Vor der Wahl zum Vorsitzenden war er Generalsekretär der FDP in Bayern. Ein Landtagsmandat strebt er nicht an. "Ich nehme die Themen mit nach Berlin", sagt er. "Ich sehe, wie die ganzen Hausaufgaben nicht gemacht worden sind. Über digitale Infrastruktur wird viel geredet, ländlicher Raum, Ärztemangel, Schulen schließen, das sind alles immer so Themen, die auftauchen, aber es passiert nichts."
Die CSU beschäftige sich gerade in erster Linie mit ihrem Personal. "Das kann ich auch verstehen, bei den Wahlniederlagen, die sie kassiert haben. Seehofer schwankt, das lähmt die Partei und es nimmt der Partei, auch den Blick auf die Themen der Bürger und den Blick auf die Zukunft unseres Landes." Die CSU rücke nach rechts und mache den Platz in der Mitte frei. Und da sei Platz für eine FDP, die einen modernen Freistaat will. "Diese Schranke im Kopf der CSU, dass der Vater arbeiten geht und die Mama ist am Herd und behütet die kleinen Kinder, verweigert jungen modernen Familien die frühkindliche Bildung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die wir bräuchten."
Die FDP habe sich in den vergangenen Jahren in ihrem "unfreiwilligen Bildungsurlaub" komplett neu aufgestellt. "Wir haben unseren liberalen Kompass justiert, wir wissen genau, was wir wollen: Den Menschen zum Architekten seines Lebens machen." Die Partei habe erkannt, dass sie die Fehler von 2009 bis 2013 nicht wiederholen dürfe. "Die Trennung der Führungsspitze von den Interessen der Wähler. Das darf nie wieder passieren. "
Ich sehe, wie die ganzen Hausaufgaben nicht gemacht worden sind. Über digitale Infrastruktur wird viel geredet, ländlicher Raum, Ärztemangel, Schulen schließen, das sind alles immer so Themen, die auftauchen, aber es passiert nichtsDaniel Föst, neuer Landeschef der bayerischen FDP
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