Professor Lothar Koppers gilt als "Demografie-Papst" der Region. Für NT/AZ wagt er einen Blick in die Zukunft. So wird sich nach seiner Einschätzung das Tempo des Bevölkerungsrückgangs noch "ganz erheblich beschleunigen". Der Grund dafür liege weniger in der Abwanderung, als vielmehr in sehr starken Geburtsjahrgängen der älteren Bevölkerung. "Dabei wird es bis 2030 noch moderat zugehen." Der dann folgende rasante Einwohnerschwund dürfte sich erst nach 2050 stabilisieren.
Für den Umgang mit dem Wandel gibt es nach der Überzeugung Koppers zwei Möglichkeiten: Geburtensteigerung und Migration. Für das Thema Geburtensteigerung sieht er aktuell keine Ansätze. "Eine Trendwende bei der Anzahl der Kinder je Frau ist nicht festzustellen." Daher biete Migration den einzigen tragfähigen Ansatz, die Gesamtbevölkerungszahl zu stabilisieren. "Zuwanderung kann aus dem Inland wie aus dem Ausland erfolgen." Dafür müssten jedoch Faktoren wie Kaufkraft und Integrationskraft einer Region langfristig überdurchschnittlich sein. "Ansonsten ist die Zuwanderung schwerlich nachhaltig und Wanderungsgewinne zerfließen wieder."
Verluste in kleinen Orten
Jeder sollte ein höchstpersönliches Interesse daran haben, dass die Infrastruktur möglichst konzentriert vorgehalten werde, "sich also auf das Notwendige beschränkt". "Neue Baugebiete am Ortsrand bei gleichzeitiger Verödung der Ortsmitte wirken dem entgegen." Insbesondere Einrichtungen der Wirtschaft (Geschäfte, Ärzte u.a.) müssten sich unabhängig von emotionalen Aspekten tragen. "Einwohner kleiner Orte erleben daher Verluste." Professor Koppers hält es für erforderlich, die ehrenamtlichen Aufgaben darauf zu konzentrieren, "was die Menschen gerne machen". Vereine mit ähnlichem Ziel sollten ortsübergreifend fusionieren.
Einen Sinn erkennt Koppers darin, auch in Regionen mit erheblichem Bevölkerungsrückgang die selbst genutzte Immobilie als Altersvorsorge zu sehen, "weil keine Miete für das Bewohnen fällig wird". Eine Immobilie als werthaltige Investition für die Finanzierung einer etwaigen Pflege im Alter zu betrachten, sei der Sachlage leider nicht angemessen. Professor Koppers wertet den demografischen Wandel als einen "auf uns zukommenden Prozess, dem wir offensiv begegnen sollten": "Sicherlich wird dieser Prozess von schmerzlichen Verlusten begleitet sein. Wir haben aber Einfluss darauf, was wir verlieren. Nicht jeder Verlust ist negativ, sondern die Gelegenheit, zu erhalten, was uns besonders am Herzen liegt. Im Gegenzug besteht die Möglichkeit, loszulassen, was wir nicht mehr wollen."
Diese Prozesse seien aufwendig, aber lohnend und führten bei ergebnisoffener Anwendung zu einem hohen Maß an Zufriedenheit und einem lebenswerten Dasein für alle. "Außerdem schadet es nicht, wenn wieder mehr miteinander gesprochen wird."
Autonomes Fahren
Professor Lothar Koppers sagt eine weitere "Zeitenwende" voraus: "Durch das autonome Fahren werden wir nicht mehr über eigene Fahrzeuge verfügen. Wir werden von autonom fahrenden Fahrzeugflotten abgeholt, ohne uns darum kümmern zu müssen, wo wir parken oder tanken." Koppers ist überzeugt, "dass diese technische Entwicklung mindestens eine solche Auswirkung auf unser Leben haben wird wie das Internet oder die Computer. (cf)
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.