Weiden/Amberg/Neuss. (tos/dpa) Besonders für den Kreis Neumarkt ist der Blick auf das am Donnerstag veröffentlichte Ranking erfreulich. Der westlichste Landkreis der Oberpfalz - der nicht zuletzt von der Nähe zu Nürnberg und Regensburg profitiert - belegt in der jährlichen Schulden-Statistik des Wirtschaftsforschungsinstituts Creditreform in Neuss mit 5,39 Prozent Schuldnerquote als Siebter einen Platz unter den Top Ten.
In der Erhebung erfasst sind die Anteile der verschuldeten Privatpersonen über 18 Jahre an der Gesamtbevölkerung in den 402 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland. Auch die Kreise Tirschenreuth (Platz 17, 5,87 Prozent), Regensburg (Platz 21, 6,00 Prozent), Cham (Platz 22, 6,04 Prozent) und Amberg-Sulzbach (Platz 26, 6,08 Prozent) sowie Neustadt/WN (Platz 42, 6,37 Prozent) und Schwandorf (Platz 68, 7,03 Prozent) liegen mit ihren Schuldnerquoten unter dem Bundesschnitt.
Die zehn Landkreise mit der geringsten Überschuldung liegen alle in Bayern. Auf Platz eins steht Eichstätt mit einer Quote von 3,79 Prozent, gefolgt von Erlangen-Höchstadt und Schweinfurt. Trotz positiver Platzierungen ist auch in Bayern die Überschuldung gestiegen. 2016 lag sie bei 7,35 Prozent, im Vorjahr waren es noch 7,12 Prozent. Auf den nächsten Plätzen folgen Baden-Württemberg und Thüringen. Die meisten Schulden haben die Menschen in Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt.
Negativer Trend in Amberg
Vier bayerische Städte finden sich jedoch unter den zehn Kreisen/Städten mit dem stärksten Überschuldungs-Anstieg: Straubing, Amberg, Nürnberg und Ansbach. Amberg verzeichnet dabei mit plus 0,87 Prozent (insgesamt 10,31 Prozent) gegenüber dem Vorjahr den vierthöchsten Anstieg an verschuldeten Einwohnern. Dies bedeutet Platz 252 in der Rangliste. Etwas besser liegt Regensburg mit Platz 241 und 10,12 Prozent Schuldnerquote (plus 0,21 Prozent). Oberpfälzer "Schlusslicht" ist Weiden auf Platz 324 (11,58 Prozent, plus 0,5 Prozent). Generell weisen nur 62 Städte und Kreise im Vergleich zu 2015 verbesserte Werte auf (15 Prozent; Vorjahr: 39 Prozent).
Die häufigsten Gründe für das private Abrutschen in Schulden sind laut Bericht Arbeitslosigkeit, Trennung, Scheidung oder Tod, Erkrankungen, Süchte, ein Unfall, unwirtschaftliche Haushaltsführung sowie eine gescheiterte Selbstständigkeit. Am stärksten von finanziellen Problemen betroffen ist die mittlere Generation: Fast jeder Fünfte (19 Prozent) der 30 bis 39-Jährigen ist überschuldet. Doch auch Ältere geraten zunehmend in finanzielle Probleme.
Armut im Alter
Bei den über 70-Jährigen ist der Zuwachs mit 16,4 Prozent (25 000 Fälle) der stärkste in der Schuldnerstatistik 2016. Rund 174 000 Senioren werden als überschuldet eingestuft. Mit einer Quote von 1,3 Prozent ist der Anteil der Älteren im Vergleich zu anderen Altersgruppen zwar gering. Experten warnen aber vor einer deutlichen Zunahme der Altersarmut. "Der Trend ist eindeutig steigend", sagt Professorin Ute Klammer von der Universität Duisburg-Essen. Grund sei ein sinkendes Rentenniveau bei steigenden Mieten. Zudem seien viele Rentner überrascht, dass sie auf ihre Altersbezüge nun Steuern zahlen müssten.
"Die wenigsten dieser Leute haben verschwenderisch gelebt", sagt Politikwissenschaftler Antonio Brettschneider. Häufig führten falsche Weichenstellungen im mittleren Alter in die spätere Misere. Die finanziellen Probleme vieler heute 50- bis 55-Jähriger würden sich bald in einer Überschuldung von Rentnern niederschlagen. Für die Zukunft sind die Wirtschaftsexperten daher pessimistisch. Trotz guter wirtschaftlicher Lage sei mit einem weiteren Anstieg der Überschuldungszahlen zu rechnen.
235 Milliarden Euro Schulden
Generell kämpfen immer mehr Menschen in Deutschland mit Schulden. Insgesamt stehen 235 Milliarden Euro aus, teilte das Wirtschaftsforschungsinstitut Creditreform in Neuss am Donnerstag mit. Mehr als jeder zehnte Erwachsene (10,06 Prozent) in Deutschland ist laut "Schuldenatlas 2016" überschuldet. Damit könnten über 6,8 Millionen Menschen ihre Rechnungen derzeit nicht mehr begleichen. Die Zahl der Überschuldeten sei laut Mitteilung im Vergleich zum Vorjahr um 131 000 oder 1,9 Prozent weiter angestiegen. Besonders deutlich habe dabei mit einem Plus um 5,6 Prozent die Zahl der harten Fälle mit hoher Überschuldung zugenommen. (dpa)
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