Kasel. Seit 1934 existiert die Genossenschaft als Zusammenschluss einiger Landwirte, die damals die Vermarktung ihres Produktes Rebenmost vereinheitlichen wollten. Heute können sich die wenigen Mitglieder über die mehr als ordentliche Rendite ihrer Arbeit freuen. Die Stimmung im Verein ist ebenso gut wie die Produkte, welche die Winzer im Nebenerwerb herstellen. "Heuer im dritten Jahr infolge erwirtschaften wir so viel mehr, dass auch noch Rücklagen gebildet werden können", sagt der Vorsitzende der rheinland-pfälzischen Weinmanufaktur Kasel, Gerhard Biewer. Stellvertreter und Kellermeister Josef Scholtes ergänzt: "Mit dem Jahrgang 2015 haben wir einen absoluten Spitzenjahrgang Qualität geerntet." Als die Genossenschaft am 8. September 1934 gegründet wurde, war die wirtschaftliche Not im Ruwertal groß. Es existierten fast ausschließlich bäuerliche Mischbetriebe. Wer kleine Flächen in Schiefer-Steillage besaß, nutzte diese als Weinberg. Damals verkaufte man die Trauben, meist aber den Most, an große Kellereien an der Mosel. Heute kann man es sich kaum vorstellen, wie die Arbeit der Nebenerwerbswinzer entlohnt wurde. Die Idee der Genossenschaft rettete diejenigen, die es sich nicht leisten konnten, ihre kleine Wingertsfläche zu veräußern. Die Geschäftsidee, gemeinsam zu ernten und zu vermarkten, kam damals bei 13 Winzern im Ruwertal gut an. Ehrenamtliches Engagement und Weinbau auf 3,4 Hektar im Nebenerwerb ist bis heute geblieben. 15 Winzer bessern so ihr Jahreseinkommen mehr als 80 Jahre später auf. Und die Basis "Gemeinsamkeit und Solidarität", nicht Gewinnstreben zum Selbstzweck, motiviert auch weiterhin gute Weine zu keltern.
Doch der wirtschaftliche Anreiz ist keineswegs zu leugnen. Die Genossenschaft zahlte ihren Mitgliedern 2015 mehr als den dreifachen Literpreis im Vergleich zu den Fassweinpreisen, die Kellereien unter Absprachen in Weinbauregionen festlegen. An der Ruwer wird auf kargen etwa 400 Millionen Jahre alten Devon-Schieferböden traditionell Riesling angebaut. Die Lagen Kaseler Kehrnagel, Kaseler Hitzlay und Kaseler Nies'chen sind meist nach Süden ausgerichtet und gehören zu den besten im Ruwertal. Die Wurzeln der Reben drängen oft mehr als zehn Meter tief ins Erdreich, sprengen sprichwörtlich das Gestein um an ausreichend Nährstoffe zu gelangen - beste Voraussetzungen um schlanke, filigrane und mineralische Rieslinge mit moderatem, also geringem - Alkoholgehalt zu erzeugen.
Wir haben 2015 einen absoluten Spitzenjahrgang geerntet.Kellermeister Josef Scholtes
25 000 Flaschen pro Jahr
Die Weinmanufaktur Kasel befindet sich heute immer noch dem Gebäudeensemble, welches 1938 in der Schulstraße gekauft wurde. Die Wirtschaftsgebäude und der darunter liegende Gewölbekeller dienen heute als Kelterhalle mit Weintankkeller, Verkaufsraum und einer Probierstube. Der Gewölbekeller wird nur noch als Flaschen- und Gerätelager genutzt. Viel mehr Platz braucht die Winzergenossenschaft nicht. Üblicherweise konzentriert sich der Weinausbau aus einer ertragsreduzierten Handweinlese auf etwa 25 000 Flaschen pro Jahr.
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Gutsweine tragen Namen der Mitglieder
"Unser Ziel ist nicht die Expansion, sondern zufriedene Mitglieder und Kunden. Seit zwei Jahren haben wir uns neu sortiert", sagt Gerhard Biewer. "Wir bieten Weine aus verschiedenen Linien, sortenreine unkomplizierte Alltagsweine." Diese Gutsweine sind nach drei der Mitglieder benannt: Leos, ein trocken ausgebauter Wein mit maximal 8 g/l Restzucker. Jupps, ein harmonischer Klassiker mit etwa 14 g/l Restzucker und ein feinherber Wein, Annes, die Spritzige, ein Riesling Hochgewächs mit ca. 26 g/l Restzucker.
Die fruchtsüßen Weine mit etwa 40-50 g/l Restzucker kommen aus den Kaseler Lagen Nies'chen und Hitzlay. Als einzigen weißen Ausreißer führt die Genossenschaft einen Weißburgunder trocken und im Rotbereich Leos Rotwein trocken. Die Weinpreise der Genossenschaft bewegen sich zwischen 5 und 8 Euro.
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