Schertz will dem türkischen Präsidenten über das Gericht eine Frist von vier Wochen setzen lassen. Innerhalb dieser Zeit müsse Erdogan dann eine Hauptsacheklage erheben. Sollte er das nicht tun, verfalle die Verfügung. Notfalls wolle er auch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, kündigte Schertz an.
Ball liegt bei Erdogan
Denkbar ist, dass sogar Erdogan rechtlich gegen die einstweilige Verfügung vorgeht. Der am Dienstag verkündete Beschluss müsse allerdings noch förmlich zugestellt werden, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Erst dann laufe für Erdogan eine zweiwöchige Frist, eine sofortige Beschwerde einzureichen, weil sein Antrag teilweise zurückgewiesen wurde.
Böhmermanns Anwalt Schertz nannte die einstweilige Verfügung "eklatant falsch". Das Gericht habe zwar festgestellt, dass das Gedicht ein Kunstwerk sei, es dann aber zerlegt, um Teile davon isoliert zu verbieten. Der Satiriker habe in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" Ende März zeigen wollen, was erlaubt sei und was nicht und wo die Grenzen zur Schmähkritik lägen. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki kritisierte in der "Bild" diese Differenzierung: "Man kann das Gedicht nicht insgesamt als Satire einstufen und dann in Einzelteile zerlegen und einige Teile rausnehmen."
Weitere Entwicklung offen
Böhmermann (35) darf nach der Entscheidung des Landgerichts vom Dienstag die "schmähenden und ehrverletzenden Passagen" seines Gedichts nicht mehr wiedergeben. Im Fall einer Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Ob es unabhängig davon zu einem Prozess kommt, bei dem sich Böhmermann wegen Beleidigung verantworten muss, ist offen. Eine Prognose, wann darüber entschieden wird, sei nicht möglich, teilte die Staatsanwaltschaft Mainz mit.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.