Berlin. Beim Wirtschaftsaufschwung in Deutschland mehren sich nach Einschätzung führender Forscher die Risiken. Zwar gehe der Boom weiter, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser bei der Vorlage des Frühjahrsgutachtens am Donnerstag in Berlin. "Allerdings wird die Luft dünner, da die noch verfügbaren gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten knapper werden." In den Unternehmen gebe es bereits eine hohe Kapazitätsauslastung, die zuletzt noch einmal gestiegen sei.
Laut Prognose profitiert der deutsche Export vom Aufschwung der Weltwirtschaft. Zudem bleibe der private Konsum stark. Die Forscher erwarten nun für das laufende Jahr 2,2 Prozent Wirtschaftswachstum und für das kommende Jahr 2,0 Prozent. Im Herbst hatten sie noch mit einem Plus von 2,0 und 1,8 Prozent gerechnet. Der Aufschwung kommt auch bei den Beschäftigten an. Die Forscher erwarten einen Anstieg der Verdienste von rund durchschnittlich drei Prozent. Zwar steige die Inflationsrate auf 1,9 Prozent im nächsten Jahr. Dennoch bleibe den privaten Haushalten ein deutliches Plus bei der Kaufkraft. Das wiederum stärkt den privaten Konsum als wesentliche Stütze des Wirtschaftsaufschwungs. Die Zahl der Erwerbstätigen nehme zu, die Arbeitslosigkeit sinke.
Vorhaben der Großen Koalition würden die privaten Haushalte zusätzlich entlasten - etwa die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Unternehmen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute forderten die Bundesregierung aber zu einer nachhaltigen Politik vor allem bei den Staatsfinanzen auf. Die "Leistungsversprechen" der Koalition bei der Rente seien auf Dauer angesichts der demografischen Entwicklung nicht finanzierbar, die Politik müsse gegensteuern. Die Regierung will bis 2025 das Rentenniveau - das Verhältnis zum Lohn - nicht unter 48 Prozent fallen lassen, der Beitragssatz soll nicht über 20 Prozent steigen.
Der Fachkräftemangel führe vor allem am Bau und in der Industrie, aber auch im Dienstleistungssektor dazu, dass Unternehmen zunehmend an die Grenzen ihrer Kapazitäten stießen. Deutschland müsse darauf reagieren und auch mehr hoch qualifizierte Arbeitnehmer ins Land holen, hieß es weiter.
Spitzenverbände der Wirtschaft warnten vor weiteren Risiken wie dem schleppender Breitbandausbau sowie ausbleibende Anreize für private Investitionen. Auch könnten Handelskonflikte - etwa zwischen den USA und China - die Konjunktur weltweit deutlich abzuschwächen.
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