Tübingen. Negativzinsen muss nur zahlen, wer mit seinem Kontostand im Minus ist - so kennt es der normale Kleinsparer. Das Landgericht Tübingen hält nun das Erheben von Zinsen auf Guthaben nach einer Verhandlung am Freitag für unbedenklich - wenn es sich um Neuverträge handelt.
Was ist der Kern des Problems?
Banken ächzen unter der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) - sie vermasselt ihnen gute Geschäfte. Firmenkunden müssen mitunter bereits Negativzinsen zahlen für hohe Einlagen. Privatkunden wurden bisher kaum zur Kasse gebeten - obwohl ihre Einlagen zum Kostenballast geworden sind.
Worum geht es vor Gericht?
In einem Preisaushang hatte die Volksbank Reutlingen sich die Möglichkeit eingeräumt, pro Jahr 0,5 Prozent Negativzinsen auf komplette Guthaben auf dem Girokonto und ab 10 000 Euro auf dem Tagesgeldkonto sowie auf Festgelder zu berechnen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg forderte, solche Zinsen auch künftig auszuschließen. Die Bank strich dann zwar die Negativzinsen, verweigerte aber eine Unterlassungserklärung. Die Verbraucherschützer klagten deshalb.
Weshalb will die Bank die Erklärung nicht unterschreiben?
Sie will nicht bis auf alle Ewigkeit ausschließen, Negativzinsen zu berechnen. Vor Gericht argumentierte der Anwalt der Volksbank, Kontoinhaber würden beim Abschluss ihrer Verträge variablen Zinsen auf ihr Guthaben zustimmen.
Was sagt das Gericht dazu?
Für die Richter ist entscheidend, ob und wann Kunden auf mögliche Negativzinsen hingewiesen würden. Neuverträge seien unbedenklich, da sich die Vertragspartner bewusst auf die Konditionen einließen. Würden Negativzinsen indes auf bestehende Verträge berechnet, sei das problematisch, da es ohne das bewusste Einverständnis der Sparer geschehe. Strittig blieb, ob es sich bei den angebotenen Produkten um Darlehensverträge handelt. Die Bank sagt Nein, während die Verbraucherschützer das Gegenteil behaupten. Dem Darlehensrecht zufolge müsse die Bank Zinsen zahlen, nicht die Verbraucher, argumentierte der Anwalt der Kläger. Das Urteil soll Ende Januar fallen.
Warum ist der Fall so wichtig?
Das Urteil wird richtungsweisend für die Bankenbranche sein. Die Richter verwiesen darauf, der Fall habe das Potenzial, womöglich sogar vor dem Bundesgerichtshof zu landen.
Denken auch andere Banken über Negativzinsen nach?
Bisher gab es nur Einzelfälle. Bankenverbände halten die Einführung von Negativzinsen für Privatkunden für unwahrscheinlich - nicht zuletzt aus Gründen des Wettbewerbs.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.