Und dazu der Finster-Sepp und Lunas Berufswunsch - Zu Gast im Dorfwirtshaus "Zur Vilsquelle" in ...: Drei Zentner Karpfen und drei tote Fliegen

27.08.2012 - 00:00 Uhr

"Des war da Finster Sepp", weiß die kleine Luna. Und bekommt sofort Bestätigung vom Opa, dem Gastwirt Albert Ries: "Des is da Chef vom Bayernfanclub, die Kaisertreuen. Jeden Doch, in der Früh und am Abend, hupt er, wenn er durch Kleinschönbrunn foahrt." Manchmal aber legt der aus Großschönbrunn stammende Vilsecker eine kleine Pause ein und gesellt sich unmittelbar an der Straße zu den Gästen im Dorfwirtshaus "Zur Vilsquelle".

Eine Tischrunde geht zum Abend hin in Kleinschönbrunn auf jeden Fall zusammen. Meist sind es Stammgäste, die sich hier ein Stelldichein geben - egal, ob in der guten Stube oder im Hof. Einer, der jeden Tag mit von der Partie ist, hat seinen festen Platz auf der Bank: "da Schneida". Ihm gefällt es hier so gut, dass er täglich von Amberg her kommt, zwei bis drei Spezi trinkt und danach wieder aufbricht. Bilder: Petra Hartl

"Wirt, des will heut' koana mehr macha." Albert Ries schon: "Ich hab' des immer gern getan", macht er mit seinen 76 Jahren aus seinem Herzen keine Mördergrube. Wirt - das war und ist heute noch sein Leben. Während im benachbarten Großschönbrunn nach und nach alle der einstmals drei Wirtshäuser dicht gemacht haben, schenkt Ries heute noch Weizen, Helles, Radler, Spezi und Wasser aus. "Essen gibt's aber hier keines mehr." Die Zubereitung würde ihm im Alter - Wirt ist er hier seit 1965 - zu viel Aufwand bescheren.

Karpfen, Gockerl, Schnitzel

Früher sei das anders gewesen. Da habe die ganze Familie mit zugepackt, besonders dann, wenn am Ende des Sommers zum Fischfest geladen wurde: "Drei Zentner Karpfen san da g'schlacht und gegessen worden. Dazu auch noch Gockerln und Schnitzel. Dou hot se wos g'rührt - und dou houst so richtig wos verdient." Kaum ausgesprochen, fordert die Aussage einen der Stammgäste heraus, der dagegenhält: "Host 'n Sock so richtig voll g'habt, gall." Doch Albert Ries wäre kein Wirt, wenn ihm nicht prompt das passende Contra einfiele: "Ja, ja - owa vo da Oawat sagst nix."
Bis dahin haben sich die beiden Bänke am Biertisch im Hof des Wirtshauses gefüllt. Die Befürchtung des AZ-Teams, eventuell einen Sommerabend ohne Gäste erwischt zu haben, schiebt Enkelin Luna beiseite. Sie ist hier nicht nur manchmal Opas rechte Hand, sondern kennt auch die Gewohnheiten der Stammgäste und ist sich sicher: "Da Schneida kummt imma. Jeden Doch." Und tatsächlich verstreicht nicht mal eine Viertelstunde, bis ein Auto in den Hof rollt. Ein hagerer Mann, so um die 50, steigt aus und geht zielstrebig auf die Bank an der Hauswand zu, zu seinem festen Platz: "Dou kann i mi hinten aloahna", bekundet der Amberger, der täglich hierher kommt, zwei bis drei Spezi zu sich nimmt und danach wieder heimfährt. Er stammt aus der Gegend und das bindet. Alle nennen ihn hier "da Schneida". Als solcher ist er in Kleinschönbrunn ein Begriff.

Der "Langzottelte"

Kaum hat er sich gesetzt, zündet er sich eine Zigarette an und nippt an seinem Gemisch aus Cola und gelber Limonade. Danach sinniert "da Schneida": "Mit dem Rauchverbot haben sie die Wirtshauskultur kaputt gemacht. Das ist eine Einschränkung des Persönlichkeitsrechts", empört er sich und schimpft auf den "Langzottelten" (Anm. d. Red: Sebastian Frankenberger, ÖDP-Bundesvorsitzender aus Passau), der dieses Gesetz bayernweit auf den Weg gebracht hat.
Bis zu einem gewissen Maß hat er dabei Gastwirt Ries auf seiner Seite. Doch der lenkt ein und ergänzt: "Dou passt scho alles z'samm. Fraija is a mehra trunka worn. Des is heit nimma so, wal a jeda af sein Führerschein afpassn mou." Allen Widrigkeiten zum Trotz will Albert Ries sein Wirtshaus weiter jeden Tag aufsperren: "So lang i nou ka, so lang mach i weiter."

Lieber Modedesignerin

Dafür erhält er breite Zustimmung aus der Runde, denn: "Wou sollt'n nou mia sunst hi gaij...". Der Angesprochene nimmt das gerne auf, wirft der Enkelin einen verschmitzten Blick zu und meint: "Vielleicht macht owa aa di Luna weiter." Während deren Eltern, Susanne und Helmut, ob dieses großväterlichen Wunsches skeptisch dreinblicken, denkt die Enkelin kurz nach und gelangt zu der Erkenntnis: "Opa, ich möcht' lieber Modedesignerin werden."

Auch wenn dem Oberpfälzer ganz allgemein nachgesagt wird, mundfaul zu sein, für das Wirtshaus "Zur Vilsquelle" gilt das an diesem Tag nicht. Kaum ist das Thema "Wetter" gestreift, widmet sich die Diskussion der Breite der direkt vorbeiführenden Staatsstraße. Geklärt werden sollte die Frage, ob dort für moderne, landwirtschaftliche Fahrzeuge eine Spur genüge oder ob diese angesichts ihrer Abmessungen den Mittelstreifen überschreiten. Also: "Albert, hol a mal an Meterstab." Doch aus der Kontrollmessung wird mangels geeigneten Werkzeugs nichts.

Stattdessen vermeldet ein Anderer am Tisch ein wahres Erfolgserlebnis: "Drei af oan Schloch!" - hebt das Bierfilzl hoch und verweist stolz auf seine am Tisch liegende Beute - drei tödlich getroffene Fliegen.

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http://www.oberpfalznetz.de/wirtshaeuser

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