Warum haben Sie denn nicht über diese Veranstaltung oder jenes Ereignis berichtet? Eine Frage, die uns immer wieder erreicht, nicht selten verbunden mit der von Leserseite geäußerten Vermutung, die Redaktion verzichte bei ihrer Berichterstattung gerne mal auf das, was ihr (politisch) nicht in den Kram passe. Ein Fallbeispiel.
Das war das Anliegen von Leser E. N. aus Amberg:
E. N. hatte uns geschrieben, er habe nach seiner Rückkehr aus einem längeren Urlaub im Gespräch mit Freunden erfahren, dass es an einem Wochenende zwei Demonstrationen auf dem Amberger Marktplatz gab. Die Demo der Fridays-for-Future-Bewegung sei tags zuvor in der Amberger Zeitung angekündigt worden, in der Samstagsausgabe habe die AZ darüber berichtet. N. merkte hierzu an: "Es sollen ungefähr 80 Teilnehmer gewesen sein. Wie viele davon Schulschwänzer waren, die noch zu jung sind, um zu verstehen, dass sie mit ihren überzogenen Forderungen den Ast absägen, auf dem sie so gemütlich sitzen, ist mir nicht bekannt."
Am Samstag, so E. N. weiter, habe dann wohl eine Demo zur Coronapolitik und Inflation mit rund 200 Teilnehmern stattgefunden. Davon sei in der Amberger Zeitung aber nichts zu lesen gewesen. "Im Übrigen hätte es solche Demonstrationen heuer bereits öfter gegeben, ohne dass darauf eingegangen worden wäre", heißt es in der Mail von Leser E. N. Er frage sich deshalb, "ob unsere Zeitung auch ein ,Haltungsmedium' geworden ist, das möglichen ,Delegitimierern des Staates' keine Plattform bieten will"?
Das antwortete Dr. Markus Müller, Reporterchef der Amberger und Sulzbach-Rosenberger Zeitung:
"Im Fall der Demo, von der Sie schreiben, mussten wir gar keine Entscheidung treffen, ob wir darüber berichten oder nicht, da uns zu dieser Demo (genauso wenig wie zu vorherigen in dieser Art) weder eine Einladung noch irgendeine andere Form von vorheriger Information erreicht hat. Wir wussten also schlicht nichts davon. Vermutlich wurde die Demo demnach in erster Linie über die sozialen Medien organisiert. Wir haben aber nicht die Ressourcen, die sozialen Medien nach Veranstaltungen zu durchforsten, die möglicherweise für uns interessant sein könnten, sondern gehen schon davon aus, dass wir über öffentliche Veranstaltungen, für die der Organisator eine Berichterstattung wünscht, auch im Vorfeld informiert werden.
Selbst im Fall einer Einladung würden wir allerdings nicht zwangsläufig darüber berichten, sondern treffen schon eine bewusste Entscheidung, ob die Veranstaltung für einen größeren Leserkreis interessant ist. Ohne Einladung/Info allerdings ... siehe oben. Im Übrigen würde ich schon sagen, dass wir als Zeitung eine Haltung haben (aber das ist vermutlich nicht gleichbedeutend mit dem, was Sie meinen). Daraus allerdings zu schließen, dass wir nichts veröffentlichen, was kritikwürdigen Entscheidungen oder Personen auf welcher staatlichen Ebene auch immer kritisch begegnet, würde ich für unfair halten. Ich denke, Sie selbst haben in der Amberger Zeitung auch schon genügend Gegenbeispiele gesehen. Falls Sie allerdings mit ,Delegitimierern des Staates' Verfassungsfeinde meinen, kann ich Ihnen ganz klar sagen: Denen möchte ich in unserer Zeitung tatsächlich keine Plattform bieten."
So reagierte Leser E. N.:
E. N. dankte ausdrücklich für Müllers Antwort auf die Anfrage, ob es eine "Cancel Culture" in der Amberger Zeitung gebe. "Sie haben die Frage nachvollziehbar und zu meiner vollsten Zufriedenheit beantwortet", ließ er wissen.
Das sagt der Leseranwalt:
Der Argumentation des Kollegen Markus Müller ist wenig hinzufügen, ich kann mich ihr inhaltlich voll anschließen. Wer eine Demo organisiert und veranstaltet, aber wegen einer möglichen Berichterstattung keinen Kontakt mit der betreffenden Redaktion aufnimmt, der scheint auch kein großes Interesse daran zu haben, in der Zeitung stattzufinden. Mir fällt im Zusammenhang mit Demos ein Kuriosum ein, das ich heuer im Januar erlebt hatte. Da beschwerte sich eine Leserin darüber, dass sie als Teilnehmerin einer Demo auf einem Bild in der Zeitung zu sehen war. Durfte das Foto ohne Einwilligung der Betroffenen veröffentlicht werden? Ja. Eine Einwilligung ist nach Kunsturhebergesetz zum Beispiel dann nicht erforderlich, wenn es sich um "Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben", handelt. Dazu zählen Demonstrationen.
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