Der Fischzug in Schmidmühlen: ein Kuriosum unter den bayrischen Traditionen. Jedes Jahr am Aschermittwoch treffen sich schwarz gekleidete Männer mit Zylinder am Schmidmühlner Marktplatz und malen sich einen Fisch auf den Rücken. Dann ziehen sie los. Schweigend. Immer auf der linken Straßenseite. Von Wirtshaus zu Wirtshaus. Wer auf dem Weg redet, muss zahlen. Warum das Ganze? Das weiß keiner so genau. Fest steht aber, Frauen dürfen bei diesem sinnfreien Saufmarathon nicht mitmachen.
Von einem Bier zum nächsten ziehen. Klingt doch ganz simpel. Nichts, was eine Frau nicht auch schaffen könnte. Und warum genau dürfen sie dann nicht mitmachen? Die Tradition würde ja nicht verkommen, nur weil sich das andere Geschlecht unter die trinkfesten Mannsbilder mischt.
„Das haben wir schon immer so gemacht“, so lautet das Totschlagargument des Bürgermeisters von Schmidmühlen, Peter Braun. Aber nur weil etwas schon immer so gemacht wurde, heißt es ja nicht, dass es auch so bleiben muss. Die Tradition ist zu einer Zeit entstanden, als die Geschlechterrollen noch strickt getrennt waren. Als das Reich der Frauen die Küche war und das Reich der Männer das Wirtshaus. Aber die Zeiten haben sich geändert. Frauen tragen Hosen, geben Widerworte und trinken Bier. Nur beim Fischzug in Schmidmühlen nicht. Bis jetzt hat sich noch keine Frau über diese Tradition beschwert. Vielleicht können sich Frauen auch Schöneres vorstellen, als mit betrunkenen Männern im Wirtshaus zu sitzen. Aber es geht hier ums Prinzip. Wenn eine Frau an dieser kuriosen Veranstaltung teilnehmen möchte, dann sollte sie das auch dürfen.
Andere Gemeinden machen mittlerweile den Fischzug nach. Allerdings den Standards des 21. Jahrhundert entsprechend. Das heißt mit Frauen. Ein guter Beweis, dass auch mit Frauen gesoffen werden kann. „Wir wollen aber etwas Besonderes bleiben“, lautet das Gegenargument der Schmidmühlner. Ein Dorf, das an den Standards von vor hundert Jahren festhält und Frauen ausgrenzt? Ja, das ist etwas Besonderes im 21. Jahrhundert. Aber nichts auf das sie stolz sein sollten. Es ist Zeit, liebe Frauen, aufzustehen und zum Bierkrug zugreifen. Nächstes Mal wird mitmarschiert. Prost!