Der Vorsitzende des Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz Bayern (VLAB), Johannes Bradtka, schrieb über seine Erlebnisse als Funktionär eines Umweltschutzverbands mit Behörden und Ämtern. Unter anderem von seinen Erfahrungen beim Schreiben berichtet er im Interview.
Herr Bradtka, "Geopferte Landschaften" versammelt die prominentesten Windkraftkritiker als Autoren. Sie sind einer davon. Wie kam es dazu?
Johannes Bradtka : Ich würde die Autoren dieses Buches nicht auf den Begriff "Windkraftkritiker" reduzieren. Jeder von ihnen ist eine Kapazität in seinem Fach. Um nur ein Beispiel zu nennen: Dr. Martin Flade ist der wohl profilierteste Ornithologe Deutschlands. Sie alle betrachten das Thema Energiewende aus dem Blickwinkel ihres Fachgebiets. Und ja, sie kommen zu einem vernichtenden Urteil.
Trotzdem: Sie stehen hier in einer sehr prominenten Reihe. Wie sind Sie da rein geraten?
Herausgeber Georg Etscheit ist Mitglied und Beirat im VLAB. Als er mich nach einem Beitrag für das Buch gefragt hat, war ich zunächst nicht begeistert. "Schuster, bleib bei denen Leisten", habe ich mir gedacht. Aber Herr Etscheit blieb hart und so habe ich mich hingesetzt.
Wie war es, den Beitrag zu verfassen? Man schreibt nicht jeden Tag für den Heyne-Verlag.
Das ist richtig. Aber der Verlag hat mich sehr gut unterstützt. Zunächst haben mich Lektoren bei der Sprache beraten. Dazu kam ein Fachlektor und zum Schluss ein Lektor für juristische Belange. In dem Buch werden sehr kritische Aussagen getroffen. Es ist wichtig, dass diese alle auch vor Gericht Bestand haben könnten.
In Ihrem Beitrag führen Sie als Beispiel die misslungene Umsiedlung eines Schwarzstorchpärchens bei Neuzirkendorf an. Deren Horst war entdeckt worden, als sich eine Windkraftanlage schon im Bau befand. Ist dieses Beispiel besonders drastisch oder wollten Sie eines aus ihrer Heimat nehmen?
Weder noch. Ich wollte ein typisches Beispiel vorstellen, und dafür eignet sich dieses. Als Umweltschutzverband haben wir beinahe wöchentlich mit vergleichbaren Fällen zu tun.
Wie fiel bislang die Resonanz auf das Buch aus?
Ich weiß, dass die erste Auflage vergriffen ist, die zweite gerade gedruckt wird. Im Bereich der Umweltfachbücher findet sich das Buch derzeit auf der Amazon-Bestsellerliste. Wie zufrieden der Verlag ist, kann ich aber nicht sagen. Mich persönlich erreichen viele Zuschriften, überwiegend sind diese positiv.
Glauben Sie, dass so ein Buch tatsächlich etwas in Ihrem Sinne bewirken kann?
Kurzfristig vermutlich nicht. Insgesamt glaube ich, dass es in Deutschland schon ein Umdenken gibt, dass die Energiewende kritischer gesehen, ihre Auswirkungen erkannt werden. Das ist hier in Bayern vielleicht noch nicht so bewusst, weil zum Beispiel der Ausbau der Windenergie nicht so weit fortgeschritten ist. In anderen Regionen lässt sich schon absehen, was die sogenannte Energiewende anrichtet. Wir Bayern müssen Horst Seehofer in diesem Zusammenhang dankbar für die 10-H-Regel sein.
Davon wollen Sie auch andere bayerische Politiker überzeugen?
Genau. In den nächsten Tagen verschickt der VLAB Exemplare des Buch als Weihnachtsgeschenk. Unter anderem wird jeder Landrat in Bayern eines bekommen, dazu die Fraktionsvorsitzenden im Landtag. Etwa 115 Bücher wollen wir versenden. Ich hoffe, dass die Empfänger über die Festtage Zeit finden, auch mal hineinzulesen.
Georg Etscheit (Hrsg.) Geopferte Landschaften - Wie die Energiewende unsere Umwelt zerstört; Heyne-Verlag, 16,99 Euro, Paperback, SBN: 978-3-453-20127-9
Geopferte Landschaften
Als "Debattenbuch" bewirbt der Heyne-Verlag den von Georg Etscheid editierten Sammelband "Geopferte Landschaften". Dass darin wenig debattiert wird, verrät schon der Untertitel: "Wie die Energiewende unsere Umwelt zerstört".
Trotzdem lohnen sich die 20 Beiträge plus Vorwort und Schlussbetrachtung, schon wegen der vielen Perspektiven, aus denen sich die Autoren der Energiewende nähern. Dass Ökonomen, Physiker und Biologen zu Wort kommen, liegt nahe, aber Theologe, Maler, Landschaftsarchitekt? Alle steuern sie ihre Sicht auf eine Entwicklung bei, die spätestens seit der Atomkatastrophe von Fukushima viel mehr in Deutschland verändert als nur die Art und Weise der Energieerzeugung.
Nicht alle Beiträge sprechen jeden Leser gleich an. Wer mit der Kirche nichts zu tun hat, mag auf die Überlegungen des evangelischen Pfarrers verzichten können. Vom Beitrag des Umweltökonomen bleibt die schwerverständliche, sperrige Sprache in Erinnerung, weniger Argumente gegen Windkraft und Biogas. Die meisten Beiträge sind aber einfach und klar geschrieben, nahe an der Praxis, mit viel Wissen oder Erfahrung. Dass alle Autoren eindeutig Position beziehen, ist allemal besser als gespielte Neutralität.
Man muss nicht jedes Argument im Buch akzeptieren.Wer aber will, findet viele Anknüpfungspunkte, sich kritisch mit einer Energiewende auseinanderzusetzen, die sich Dank konsequenter Presse- und Lobbyarbeit als unumgänglich, unangreifbar positioniert hat. Das Buch liefert Argumente für eine Debatte, die deshalb lange nicht geführt wurde. In diesem Sinne, ist "Geopferte Landschaften" ein Debattenbuch. (wüw)
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