Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs signalisiert die Nato von Grafenwöhr (Kreis Neustadt/WN) aus erneut ihre Verteidigungsbereitschaft. Die Botschaft, die die Übung "Trident Lance 14" (dreizackiger Speer 14) aussenden soll, richte sich nicht nur an Russland, sondern an alle Länder in Europa, betont der Oberkommandierende der transatlantischen Allianz, US-General Philip M. Breedlove. "Sie zeigt die Fähigkeit der Nato, im Fall der Bündnisverteidigung nach Artikel 5 schnell reagieren zu können."
Neues Nato-Kommando
Eines der Instrumente dafür ist das vor zwei Jahren neu aufgestellte Alliierte Landkommando im türkischen Izmir. Es beerbte die Nato-Einrichtungen in Heidelberg und Madrid, die im Zuge des westlichen Truppenabbaus nach dem Ende des Kalten Krieges aufgelöst worden waren. In dieser Woche bewies das neue Nato-Kommando, dass es in der Lage ist, drei Großverbände zur Bündnisverteidigung und eine zusätzliche Brigade zu führen.
Nacheinander meldete der Kommandeur des Landkommandos, der amerikanische Generalleutnant John W. Nicholson, am Donnerstag in Grafenwöhr General Breedlove und dem Kommandeur des Alliierten Kommandos zur Transformation der Nato, dem französischen General Jean-Paul Paloméros, die Einsatzbereitschaft. Getestet wurde dies durch die noch bis morgen laufende 14-tägige computergestützte Kommandopostenübung "Trident Lance 14".
Vom gemeinsamen multinationalen Simulationszentrum (Joint Multinational Simulation Center, JMSC) der amerikanischen Armee in Grafenwöhr führt das Nato-Landkommando in der Übung drei Korps, je eines in der Türkei, in Griechenland und in Polen, sowie die Südosteuropäische Brigade im griechischen Larissa. Verbunden sind die verschiedenen Hauptquartiere über Datenleitungen. Ihre Aufgabe: einen Angriff auf ein Nato-Mitglied mit militärischer Gewalt zurückzudrängen.
Diese Fähigkeit ist von der transatlantischen Allianz seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr geübt worden. Im Jahr 1990 hielt die Nato letztmals eine Übung in dieser Größenordnung ab. Vergangenes Jahrzehnt konzentrierte sich das Bündnis vor allem auf die Aufstandsbekämpfung in Afghanistan. Inzwischen ist der Kampfeinsatz beendet. Nachdem ab Januar am Hindukusch nur mehr eine Unterstützungsmission laufen soll, habe die Nato "die Notwendigkeit erkannt, das Übungsprogramm neu zu konzentrieren", sagte General Breedlove.
Russische Aggression
Das Ziel dieser Neuausrichtung: Die Fertigkeiten zur großräumigen Kriegsführung sollen aufgefrischt werden, um die Aufgabe der Bündnisverteidigung erfüllen zu können. "Dieser Prozess begann vor etwa 18 Monaten, weit bevor sich die gegenwärtige Sicherheitslage entwickelte", erklärte der Oberkommandierende der Nato unserer Zeitung. "Nun haben die russischen Aggressionen in der Ukraine die Notwendigkeit für diese Übungen verdeutlicht."
"Trident Lance 14" mit den rund 4000 teilnehmenden Soldaten aus allen Nato-Staaten ist eine von vier strategischen Übungen in diesem Jahr. Im vergangenen Jahr hielt die Allianz mit "Steadfast Jazz 2013" im November in Polen und dem Baltikum nur eine derartige Übung ab. Damals testete das westliche Bündnis seine schnellen Eingreifkräfte (Nato Response Force, NRF). Das Manöver mit rund 6000 Soldaten war auch eine Geste der Rückversicherung an Litauen, Lettland, Estland und Polen. Geübt wurde damals auch die Bündnisverteidigung
Im nächsten Jahr legt die Allianz noch einmal drauf. An der für Juni geplanten Nato-Übung "Trident Juncture 2015" in Portugal, Spanien und Italien sollen mehr als 25 000 Soldaten teilnehmen, sagte General Paloméros. Und auch Grafenwöhr soll im nächsten Jahr weiter im Spiel bleiben. Die Nato will sowohl den Truppenübungsplatz als auch die Simulationseinrichtungen weiterhin nutzen, sagte General Breedlove.
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