Zu Besuch im Fundus der Freilichtbühne am Buchberg: Zwischen Federn und Holzbein

05.05.2017 - 10:42 Uhr

Der Schmuck ist kein gewöhnlicher. Schließlich muss man ihn besonders gut stehlen können: Die Bettler sollen ihn den Witwen problemlos vom Hals reißen können. Dazu muss Kerstin Donhauser ein bisschen in ihre Trickkiste greifen. Schatztruhe könnte man auch sagen. Denn genau das ist der Fundus der Buchbergbühne.

Bild: Hartl

Ein Fischernetz für die Hafenspelunke, ein Sortiment Schnapsflaschen und verruchte Pailetten-Fummel für die leichten Mädchen: Eigentlich hat Kerstin Donhauser für die neue Spielzeit schon alles beisammen. Schließlich präsentiert die Freilichtbühne am Buchberg heuer noch einmal ihr Erfolgsstück vom vergangenen Jahr, "Die Bettleroper". Doch die Chef-Ausstatterin ist noch nicht ganz zufrieden. "Ich bin grade am Raussuchen - damit das Elend noch besser rauskommt." Kerstin Donhauser gesteht lachend: "Für mich war das Elend noch nicht groß genug." Es dürfen also ruhig noch ein paar Lumpen mehr sein.

Hoffentlich machen da die Jungs mit. Die sind nämlich zuweilen ein bisschen schwierig, wenn es um ihre Bühnenoutfits geht: "Die Männer wollen immer schön sein." Ganz anders die Frauen in der Truppe. Die nehmen's mit Humor, zumindest auf der Bühne: "Die haben kein Problem damit, hässlich zu sein." Kerstin Donhauser sieht's pragmatisch: Passen muss das Kostüm. Und einiges aushalten. Regen auf dem Buchberg zum Beispiel. "Wir haben auch schon hinter der Bühne ein Kostüm zwischendurch trocken geföhnt."

Notfalls wird genäht

Und wenn das benötigte Gewand einmal nicht zu bekommen ist? Kerstin Donhauser winkt ab. "Wir finden immer eine Lösung." Zur Not greifen die Mädels des Theatervereins auch mal zur Nähmaschine. Irgendwie kommt immer das Richtige heraus bei solchen kreativen Aktionen. Zum Beispiel wenn, wie bei "Petersson und Findus" vor ein paar Jahren, partout keine Hühner-Kostüme aufzutreiben sind. "Das war eine Riesensauerei, diese Hennen-Hosen zu nähen", erinnert sich die Fundus-Betreuerin lachend: "Da war wirklich alles voller Federn." Aber die Hühner hatten am Ende das perfekte Outfit.

Federn sind diesmal auch im Spiel. Als Boas tragen sie die Bardamen um den Hals. Apropos Hals. Damit ist Kerstin Donhauser wieder beim Schmuck. Der ist zum Teil extra präpariert: Wenn der Bettler der Witwe den Brilli vom Ohr zieht, soll das Ohrläppchen schließlich nicht mit abreißen. Und dann sind da noch die Nachtclub-Fummel. Mangels Alternative hat Donhauser die im Internet bestellt. "Seitdem bekomme ich lauter seltsame Angebote."

So riecht Theater

Gute Offerten gibt es aber glücklicherweise auch. Vor allem auf Flohmärkten. Der Mantel mit dem Kaninchenfell-Futter ist eine davon. Ein echter Schatz. Ein Kärtchen in der Tasche verriet, dass er einst einer tschechischen Diplomaten-Familie gehörte - jetzt trägt ihn ein Buchberg-Bettler, erzählt Julia Reindl, im Stück die Vorsitzende im Club der Schwarzen Witwen. Der Mantel riecht ein bisschen modrig. Und nach Mottenspray. "Aber das muss so sein", sagt Julias Tochter Eva: "Das ist Theater." Eva kennt sich aus. Als Sprössling von Spielleiter Stefan Reindl ist sie mit der Buchbergbühne groß geworden. Im wahrsten Sinne. Sie zeigt auf ein winziges Dirndl, das im Kleider-Fundus hängt. Ein ganz besonderes Kostüm, das schon etliche Buchberg-Kinder getragen haben: Theater ist hier Familiensache. Das bestickte Kleidchen ist einer der Schätze, an denen Kerstin Donhauser besonders hängt - ebenso wie an einer ganzen Reihe echter alter Bauern-Kleidung. Die hat der Schnaittenbacher Theaterverein von Anna Maria Weiß vom Kastler Heimatmuseum bekommen: Für die Buchbergbühne etwas ganz Besonderes - vor allem wenn sie Heimat-Stücke wie die Geierwally spielt.

Kein Platz für Altkleider

Für gewöhnliche Altkleider-Spenden, auch wenn sie gut gemeint sind, hat der Verein dagegen keine Verwendung. Und auch überhaupt keinen Platz. Obwohl aus seinem einstigen Lagerraum im Nagler-Anwesen gegenüber inzwischen ein ganzes Haus geworden ist. Vor drei Jahren hat die Stadt Schnaittenbach der Buchbergbühne dieses Gebäude zur Verfügung gestellt. Einst ging hier der Brunnhuber-Bader seinem Gewerbe nach, erzählt Kerstin Donhauser: Noch heute wisse jeder ältere Schnaittenbacher, dass der seinen Patienten "die Zähne ohne Spritze gezogen hat".

Auch ein Stück Bankgeschichte ist im Haus verewigt: Die Kostüme im ersten Stock lagern in ehemaligen Chefbüro-Möbeln der Raiffeisenbank Hirschau. Ein Glücksfall für den Theaterverein, dass er diese übernehmen konnte. Manchmal braucht man einfach ein bissl Dusel. Oder einen Flohmarkt. Der sei immer die beste Quelle, wenn ein ganz bestimmtes Requisit benötigt wird, sagt Kerstin Donhauser. Hier fand Spielleiter Stefan Reindl auch das Zigaretten-Etui, das er unbedingt für die Feuerzangenbowle haben wollte. Eigentlich unglaublich: Es gehörte, wie die Gravur zeigt, früher tatsächlich einem "Pfeiffer". Wie dem, der die Hauptperson im Pennäler-Stück war. Mit drei "f".

Nur einmal hatten die Schnaittenbacher kein Glück. Die Beinprothese, die sie für den "Besuch der alten Dame" brauchten, war einfach nicht aufzutreiben. Aber für solche aussichtslosen Fälle haben die Buchberger ja noch ihren "Kletter". Diesen Namen seiner Rolle in der Geierwally hat Alfons Nagler behalten. Er kann aber nicht nur den gutmütigen Knecht "Kletter" spielen. Sondern auch ein Holzbein schnitzen.

Wir haben auch schon hinter der Bühne ein Kostüm zwischendurch trocken geföhnt.Kerstin Donhauser
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