Die Art, wie dieser Verstorbene begraben wurde - am Rand einer ehemaligen großen Schmiede- und Verhüttungsanlage - lässt darauf schließen, dass er eine herausragende Stellung hatte. Das gehört zu den Erkenntnissen, die Archäologe Dr. Mathias Hensch mit Hilfe des Hechinger Anthropologens Steve Zäuner gewonnen hat. Letzterer hat die insgesamt drei Skelett-Funde von Kümmersbruck genauer untersucht.
"Wir vermuten, dass die beiden Männer und der Junge unmittelbar etwas mit der Schmiede zu tun hatten", fasst Hensch zusammen: Überraschend sei, "dass wir in diesem Handwerker-Areal auf Gräber gestoßen sind" - ein ungewöhnlicher Bestattungsort. Die Untersuchung mit der Radiocarbonmethode hat ergeben, dass die drei Toten "wahrscheinlich ganz am Anfang der Produktion in Kümmersbruck" begraben wurden, "also etwa in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts".
Zäuners Untersuchung hat außerdem etliche gesundheitliche Probleme der Männer offengelegt - etwa Zahnprobleme als Folge kohlenhydratreicher Nahrung, die Hensch mit der schweren körperlichen Arbeit in der Schmiede in Zusammenhang bringt. Diese habe weitere Spuren hinterlassen: Arthrose, aber auch "extreme Muskelansätze, die dafür sprechen, dass die Männer sehr viel mit Armen und Schultern gearbeitet haben". Beide hätten zudem Veränderungen an Gelenken und Skelett, die entstehen, wenn man häufig in Hock- oder Spreizstellung arbeitet. Umso beachtlicher, dass beide dennoch "relativ alt geworden" sind - der ältere "zwischen 50 und 70 Jahre". Das, sagt Hensch, sei fürs 8. Jahrhundert schon sehr viel. Damals seien Männer "in der Regel nicht älter geworden als Anfang 30".
Schmiedegrab an der Werkstatt
Die Grabstätten, die Experten in Kümmersbruck auf einem ehemaligen Schmiedegelände Am Bachweg entdeckt haben, sprechen nach Ansicht von Archäologe Dr. Mathias Hensch dafür, dass den hier Bestatteten eine besondere Ehre erwiesen wurde:
Spezielle Schmiedegräber gebe es in verschiedenen Kulturen – „von den Kelten über die Germanen bis ins Frühmittelalter, zu den Merowingern, und auch in Skandinavien“. Sie zeigten, dass ein Schmied, vor allem ein Waffenschmied, „ein sehr hohes Ansehen genoss“.
Ein Ausdruck dafür sei gewesen, dem Verstorbenen sein Werkzeug mit ins Grab zu legen. Dies sei allerdings in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, aus denen die Anlage in Kümmersbruck stammt, als unchristlich betrachtet worden. Das bringt Hensch auf einen Gedanken: „Wenn also das Werkzeug nicht zum Schmied kommen kann, vielleicht kann ja dann der Schmied zum Werkzeug kommen“, indem man ihn neben seiner früheren Arbeitsstätte begraben hat. In der mystisch geprägten Gedankenwelt dieser Epoche hätte damit der tote Schmiedemeister noch durch seine reine Anwesenheit im Grab nachfolgende Handwerkergenerationen inspirieren können.
Hensch hält es für denkbar, dass man in Kümmersbruck „vielleicht verdiente Schmiedemeister aus der ersten Generation, die diese Industrie begründet haben, an Ort und Stelle bestattet. Das wäre sozialgeschichtlich eine spannende Sache“.
Die herausgehobene Stellung der Toten zeigt nach Ansicht des Archäologen auch der „äußerst aufwendige Grabbau“, eingerahmt von vielen Steinen. Die deuteten darauf hin, dass die Männer ursprünglich in Holzsärgen lagen,„sonst wären die Steine so nicht stehen geblieben“.
Vielleicht seien die beiden „die ersten Schmiedemeister dieser Manufaktur, die dann ja auch wahrscheinlich fürs Waffenschmieden zuständig waren“.
Die Kümmersbrucker Funde sind laut Hensch derzeit in Theuern im Museum magaziniert. Eisenstücke bearbeite ein auswärtiger Restaurator.
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