Neunburg/München. Die 30- Jährige mit Wurzeln im Neunburger Ortsteil Seebarn ist in vielen kreativen Sparten auf der Überholspur unterwegs. Der Zufall hat sie über einige Umwege zu Kronleuchtern aus Murano-Glas geführt, die selten jemand zu Gesicht bekommt - schon gar nicht aus der Perspektive, die Miriam Ferstl für sich entdeckt hat. Im Urlaub in Kroatien lernte die Redakteurin und Künstlerin eine Band kennen. Mit den Musikern von "Bolje ne moze" (übersetzt: "Besser geht's nicht") ging sie dort auf Tournee. Allerdings war es dann Kirchenmusik, die sie in ein Gotteshaus lockte, hin zu faszinierenden Kunstwerken in luftige Höhe.
"Das war einer der tollsten Momente in meinem Leben", schwärmt die 30-Jährige. Die Künstlerin sah sich den Kronleuchter dort ganz genau an und fand einen Winkel, der seither viele Menschen in ihrer Umgebung fasziniert. Denn exakt von unten betrachtet, ist auf den ersten Blick gar nicht klar, was die Kamera da festgehalten hat - einen Stern, eine Blume oder einen bunten Kristall, eine Stickerei oder eine Windrose.
Strenge Symmetrie bestimmt das Abbild, das sie ab 5. Mai, gedruckt auf Acrylglas, zusammen mit weiteren Bildern in der Münchener Galerie Anais ausstellt. "Jeder Mensch sollte malen, weil man dadurch einen Blick fürs Detail bekommt", lautet die Devise der jungen Frau, die am Oberviechtacher Ortenburg-Gymnasium im Leistungskurs Kunst schon erste Schritte in diese Richtung machte.
Perspektivwechsel
Sutivan, Supetar oder Pucisca heißen die Abbilder der dekorativen Leuchtkörper. Benannt sind sie nach den dalmatinischen Dörfern, in denen ihre Entdeckerin meist erst nach dem Schlüssel zur Kirche fragen musste. "Es ist immer wieder faszinierend, dass wohlbekannte Objekte durch einen Perspektivwechsel komplett anders aussehen können", erklärt die junge Frau. Hat die Begegnung ihr Jagdfieber geweckt? "Das nicht, eher das Staunen", sagt sie, und schildert den Moment, wenn die Türe aufgeht und der Blick sich nach oben richtet: "Jede Kirche ist wie ein Überraschungsei."
60 Gotteshäuser auf vier Inseln hat die 30-Jährige inzwischen erforscht. Nach der ersten Entdeckung ist sie für zehn Tage zurückgekehrt mit Tipps von Fotografen und einer guten Kamera im Gepäck, erst später mit einem Stativ. Im Liegen auf dem kalten Steinboden sucht sie die Mitte der facettenreichen Objekte, die den Einfluss venezianischer Glaskunst nicht verleugnen können und von unten betrachtet wie ein Kaleidoskop erscheinen. Ein "Artenreichtum", der sich mit der Nähe zu den Kristallmanufakturen auf Murano erklären lässt.
"Unbeschreiblich" sind für Miriam Ferstl aber auch die Begegnungen mit den Menschen, die den Schlüssel zu so manchem Kleinod haben: die Nonne "Alberta", bei der sie auch ohne gemeinsame Sprache vom ersten Augenblick eine herzliche Verbindung spürt, ein Mönch, der über Original-Bilder von Tintoretto wacht, ein Mesner, der sie beim Fotografieren auf Priestergewänder bettet. Und dann ist da noch "der Kontrast zwischen den kargen, einfachen Inselorten und den kunstvollen Kronleuchtern und Kirchenräumen, den ich als spannend empfinde".
Jeder Mensch sollte malen, weil man dadurch einen Blick fürs Detail bekommt.Miriam Maria Ferstl
Göttliches Licht
"Divine Light" (göttliches Licht) heißt nun der Titel der Ausstellung, die das Ergebnis der Entdeckungsreise zeigt. Vernissage ist am 4. Mai um 18 Uhr in der Galerie Anais in München (Sedanstraße 22; geöffnet Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 13 Uhr). Die Ausstellung ist dort noch bis 3. Juni zu sehen, dann wandert sie auf die Insel Hvar und im Juli weiter auf die Insel Brac. Auch das Museum of Fine Arts in Split, laut Ferstl eines der renommiertesten Kroatiens, hat bereits Interesse angemeldet. Vielleicht finden die dalmatinischen Kronleuchter auch noch den Weg in die Oberpfalz. "Das wäre toll", meint die Künstlerin, die nach Möglichkeit ein Wochenende im Monat für die Familie in Seebarn reserviert: "Die Familie ist mein größter Schatz."
In der Filmbranche und am "Tatort"
Sie bastelt am "Tatort" mit und ist als Autorin für die Filmproduktionsfirma von Veronica Ferres tätig. Allround-Talent Miriam Maria Ferstl hat in der Filmbranche ebenso Fuß gefasst wie in der Kunst. Die 30-Jährige stammt aus Seebarn bei Neunburg, ging nach der Grundschule aufs Ortenburg-Gymnasium in Oberviechtach und studierte nach dem Abitur in Bayreuth Medienwissenschaft, Theaterwissenschaft und Germanistik. Dramaturgie und Kommunikation am Schauspielhaus Bochum war eine ihrer ersten Stationen. Sie arbeitet für die Filmproduktionsfirma von Veronica Ferres, für den Bayerischen Rundfunk und für "Das Erste", wo sie derzeit als Redakteurin tätig ist. Zu ihren Aufgaben gehört dabei beispielsweise auch die Produktion von Online-Clips für den "Tatort". Nebenbei ist sie freiberufliche Autorin, Moderatorin und Schauspielerin.
Weitere Informationen unter www.miriamferstl.com
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