Filchendorf. Fünf Holzstücke, jedes etwa so groß wie ein Handteller, fügen sich zu einem Kreuz zusammen: zwei quer- und drei hochformatig. In der Mitte, wo die Holzteile aufeinandertreffen, befindet sich das Herzstück des Kreuzes: Udo Wenzel hat aus dem Quadrat eine fünfblättrige Rose mit einem Herz und einem kleinen Kreuz in der Mitte herausgearbeitet.
"Meine Leidenschaft galt schon immer dem Holz", erzählt Udo Wenzel. Seit etwa 30 Jahre drechselt er, das Treppengeländer im Wohnhaus hat er selbst gemacht. Zum Schnitzen kam der 56-Jährige vor sechs Jahren. Zu seinem 50. Geburtstag hat er sich ein Großelternpaar geschnitzt. Anlass dazu war einer seiner Enkel.
40 Stunden Arbeit
Durch einen Arbeitskollegen kam er zu seinem Hobby. Der nahm ihn mit zu den Schnitzerfreunden Grafenwöhr. Und er sagte: "Fang einfach mal zum Schnitzen an." Herausgekommen ist damals ein Schaf - über das Wenzel heute lachen muss. Denn mit seinen Schnitzergebnissen ist er sehr kritisch. Ein Grund, warum er sich nicht an Gesichter herantraut. Die machen viel Arbeit und müssen genau herausgearbeitet werden.
Weil er für seine Holzschnitzarbeiten in ganz Filchendorf und darüber hinaus bekannt ist, ist auch die Kirchengemeinde auf ihn aufmerksam geworden. Fünf evangelische Pfarreien um den Rauhen Kulm - Wirbenz, Grafenwöhr/Pressath, Speichersdorf, Neustadt am Kulm sowie Eschenbach/Kirchenthumbach - haben sich für das Gemeinschaftsprojekt zusammengetan. Jede Kirchengemeinde hat ihren eigenen Holzpflock, den sie zum Gottesdienst am Reformationstag mitbringt. Zusammengefügt ergeben die Einzelteile dann das Lutherkreuz.
Etwa 40 Stunden beziehungsweise vier Wochen hat Wenzel an dem Kreuz gearbeitet. Dreieinhalb Kilogramm wiegt das Stück aus Lindenholz. Mit Metallstiften werden die Einzelteile zusammengehalten. Das Werk steht auf einer ovalen Holzscheibe. Dessen Inschrift ("Evangelische Kirchengemeinden der Kulmregion") sowie die der Holzpflöcke mit den Namen der Pfarrgemeinden wurde eingebrannt. "Das schaut sauberer aus", erklärt Wenzel. "Lindenholz ist weich", sagt der 56-Jährige. Die meisten seiner Arbeiten fertigt er daraus. An Kirschholz habe er sich auch schon versucht - "das ist aber relativ hart". Seine fertigen Arbeiten werden eingewachst.
Nicht nur im Lutherkreuz, auch in seinen anderen Arbeiten steckt viel Liebe. Seine größte Herausforderung sei bisher ein geschnitztes Pferd gewesen, sagt Wenzel, "wegen der Dreidimensionalität". Die schwierigste Aufgabe am Lutherkreuz sei die Rose gewesen. Denn auch die hat Wenzel aus dem Holz herausarbeiten müssen. Ein "Ausprobierstück" habe es aber nicht gegeben - der Filchendorfer hat sich gleich an das Holz herangewagt. "Während der Arbeit ergibt sich das", erklärt er und blickt stolz auf das fertige Werk.
Siegelring Luthers
Bevor er sich ans Schnitzen machte, hat sich der 56-Jährige im Internet nach einer Vorlage umgesehen. Die hat er sich dann ausgedruckt und dem Kirchengremium vorgelegt. Das war mit dem Vorschlag Wenzels einverstanden. "Die fünfblättrige Rose mit Herz und Kreuz waren angeblich auf dem Siegelring Luthers abgebildet", erzählt Wenzel. "Das war dann das Thema für das Kreuz."
Zum Reformationstag am 31. Oktober feiern die evangelischen Christen rund um den Kulm in Eschenbach den Gottesdienst. Dann werden nicht nur Udo Wenzels geschnitzte Einzelteile zusammengefügt - auch die Kirchengemeinden rücken dann näher zusammen, wenn jede ihr beschriftetes Stück Holz in die Kirche bringt. Schon im Blick auf das kommende Jahr wurde das Kreuz in Auftrag gegeben: Dann feiern die evangelischen Christen den 500. Jahrestag von Luthers Thesenanschlag.
Hintergrund
Seit etwa sechs Jahren ist Udo Wenzel bei den Grafenwöhrer Schnitzerfreunden. Die treffen sich jeden Donnerstag zwischen 18 und 21 Uhr im Werkkeller der Grafenwöhrer Schule. Etwa 15 bis 20 Hobbyschnitzer tauschen sich dabei aus und geben sich Tipps. Unter ihnen sind auch einige Frauen, wie Wenzel erzählt. Einmal im Jahr fährt die Truppe ins Lechtal zu einem Schnitzerkurs.
Die Grafenwöhrer Schnitzerfreunde stellen jedes Jahr die Krippe am Brunnen auf dem Marktplatz auf. Die Mitglieder kommen unter anderem aus Vorbach, Grafenwöhr, Speinshart oder Etzenricht.
Wer sich auch einmal im Schnitzen ausprobieren möchte, kann laut Wenzel gerne einmal bei den Grafenwöhrer Schnitzerfreunden vorbeischauen. (esc)
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