Der zweite Tag im Prozess gegen zwei mutmaßliche Terrorhelfer aus Neustadt offenbart neue Fakten zu deren Reise nach Syrien. Zudem kommen die Fälle zweier Weidener zur Sprache, die zeitweise bei der Terrormiliz IS waren.
München/Neustadt/WN. Mit der Anhörung des ersten Zeugen ist am Mittwoch der Prozess gegen zwei mutmaßliche Dschihadisten aus Neustadt/WN vor dem Oberlandesgericht in München fortgesetzt worden. Ein Beamter des Polizeipräsidiums Regensburg berichtete von seinen Vernehmungen des Angeklagten Abdullah K. Diese führte der Polizist mit dem 26-Jährigen allerdings nicht wegen dessen Syrien-Reise, sondern wegen zweier Brüder aus Weiden. Dessen Cousins. Ertugrul D. und Yunus D. waren schon zu Beginn des Jahres 2013 nach Syrien ausgereist. Auch sie stammen aus dem Umfeld des Islamischen Zentrums Weiden.Die Verhandlung im zweiten Stock des Justizzentrums in der Landeshauptstadt findet an diesem Tag wenig Interesse bei der Öffentlichkeit. Im Zuschauerraum sitzen zwei Medienvertreter, sowie ein Notarzt und ein Sanitäter. Die Anwesenheit der Letzteren gilt der Fürsorge eines Angeklagten. Der Einsatz des Arztes wurde aber bisher nicht benötigt. Am Tag zuvor hatten im hinteren Teil des Saales noch Angehörige der Angeklagten und eine Reihe anderer Besucher Platz genommen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind auch am zweiten Verhandlungstag unverändert hoch. Wie bei allen bayerischen Gerichtsgebäuden wird in München jeder Besucher am Haupteingang kontrolliert. Zudem überprüfen und durchleuchten Justizbeamte unmittelbar vor dem Sitzungssaal alle Personen und deren Sachen.
Zuerst zur Großmutter
Die Reise nach Syrien im Oktober 2013 traten Abdullah K. und sein Mitangeklagter, der 38-jährige Fatih K., mit "Elvis" an. Offenbar der Spitzname eines Münchener Salafisten. Ihn trafen die beiden in Wien. Von der österreichischen Hauptstadt aus ging es mit dessen Bus weiter über Italien, Griechenland in die Türkei, zur Großmutter von Abdullah K. in Istanbul. Mit den Flugzeug flogen beide Angeklagten anschließend weiter in die türkische Stadt Reyhanli, von wo aus sie schließlich über die Grenze nach Syrien gingen. Im Brügerkriegsland traf Abdullah K. seinen früheren Aussagen zufolge nicht nur seine beiden Cousins, Ertugrul und Ynus, sondern auch seinen Stiefbruder Mehmet C., der im Laufe des Jahres 2014 ums Leben kam.Damals war der Fußballer aus Neustadt/WN noch Chef des deutschen Hauses bei der extremistischen tschetschenischen Miliz "Junud al-Sham" (Soldaten Syriens). Ertugrul und Yunus waren bei einer anderen Miliz, sagte Abdullah K. in den Vernehmungen. Den Namen dieser Miliz nannte er aber nicht, berichtete der Kriminalbeamte. Abdullah K. habe angegeben, diesen nicht zu kennen. Nach Informationen unserer Zeitung sollen die beiden ehemaligen Schüler der Fachoberschule in Weiden zumindest zeitweise bei der Terrormiliz IS gewesen sein. Von Ertugrul D. wird berichtet, er soll inzwischen in der Türkei leben. Von Yunus D. fehlt offenbar jede Spur.
Wie am ersten Tag setzten sich die rechtlichen Geplänkel fort. Die Verteidigung stellte eine Reihe von Anträgen, etwa zum Thema Verwendung von Erkenntnissen durch Vertrauenspersonen und aus der Arbeit des Verfassungsschutzes. Diese Anträge wurden teils vom Gericht abgelehnt oder deren Entscheidung zurückgestellt. Darunter war die Forderung der Verteidigung, den Widerspruch zwischen der Mitwirkungspflicht nach Ausländerrecht und dem Recht zu schweigen, um sich nicht selbst in einem Strafverfahren zu belasten, vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen. Im Ausländer- und Aufenthaltsrecht hat Schweigen negative Auswirkungen für den Betreffenden, vor Gericht ist es ein legitimes Mittel. Der Angeklagte Abdullah K. hat offensichtlich in einer ausländerrechtlichen Befragung eingeräumt, dass er in Syrien war. Das könnte sich nun im Prozess, in dem er bisher keine Angaben macht, negativ auswirken.