Michael Wellnhofer (20) aus Flossenbürg hat es 2018 zum Wirtschaftsingenieur-Studium nach Augsburg verschlagen. Gleich im ersten Semester engagierte er sich bei der örtlichen studentischen Unternehmensberatung. Seitdem ging seine Karriere in der Initiative steil bergauf. Im Interview verrät er, was das Engagement für ihn auszeichnet.
ONETZ: Herr Wellnhofer, seit Mai sind Sie Vorstand für Qualitätsmanagement beim Bundesverband Studentischer Unternehmensberatungen (BDSU).Wie war Ihr Weg dorthin?
Michael Wellnhofer: Ich stamme gebürtig aus Flossenbürg, habe 2018 mein Abi am Augustinus-Gymnasium in Weiden gemacht. Dann zog es mich zum Studium nach Augsburg. Dort studiere ich Wirtschaftsingenieurwesen. Gleich im ersten Semester habe ich mich bei der örtlichen Studentischen Unternehmensberatung JMS Augsburg engagiert. Dort war ich im vergangenen Geschäftsjahr Vorstand für Qualitätsmanagement. Dann bin ich in den Bundesverband weitergegangen.
ONETZ: Was sind Ihre Aufgaben beim Bundesverband?
Michael Wellnhofer: Grundsätzlich ist der BDSU ein Dachverband, der die 32 führenden Studentischen Unternehmensberatungen in ganz Deutschland vereint. Speziell in meinem Bereich führen wir jedes Jahr eine Prüfung durch: das BDSU-Audit. Angelehnt an die Norm 9001, die für die Zertifizierung von Unternehmen angewandt wird, sollen dadurch auch in der studentischen Unternehmensberatung Qualitätsstandards gewährleistet werden. Überprüft werden Kriterien, die Jahr für Jahr erfüllt werden müssen, um die Standards in der Organisation der Beratung zu überprüfen. Mit der Audittour gehen wir dann auf Reise quer durch ganz Deutschland. Neben der Auditierung kümmere ich mich um die Akquise von Studentischen Beratungen und bin Ansprechpartner für alle, die in den Dachverband kommen oder gründen wollen.
ONETZ: Was passiert auf der Audittour?
Michael Wellnhofer: Ich rufe gerade aus Passau an. In den zwei Monaten ist man wirklich viel unterwegs, weil man jede Unternehmensberatung persönlich besucht. Über Berlin, München, Düsseldorf, Dortmund, Heidelberg ist alles dabei, auch kleine Städte wie Greifswald oder Weingarten. Wichtig, ist der Austausch zwischen den Beratungen, um vom großen Netzwerk profitieren zu können. Durch die Tour möchten wir den Wissensaustausch im Netzwerk gewährleisten und interne Abläufe auf Qualität prüfen.
ONETZ: Verträgt sich so ein zeitintensives Engagement denn mit Ihrem Studium?
Michael Wellnhofer: Das ist definitiv eine Herausforderung. Aber die Arbeit, die ich den Verband stecke, ist es absolut wert. Was ich an praktischer Erfahrung sammle, hätte ich nicht erwartet. Deutschlandweit ein Team zu koordinieren, bringt einen wahnsinnig weiter. Auch von der Persönlichkeitsentwicklung her. Das sind Herausforderungen, die bekommt man in einem Studium nicht mit. Die Anerkennung Vorstand zu sein, ist mir persönlich komplett egal, wichtiger ist mir, möglichst viel aus der Zeit mitzunehmen.
ONETZ: Was macht denn eine qualitativ hochwertige Unternehmensberatung aus?
Michael Wellnhofer: Die Grundpfeiler lehnen sich an die Iso-Norm an: Die Führung wird zum Beispiel durch Vorstandsberichte abgedeckt. Es gibt kontinuierliche Verbesserungsprozesse und Evaluationen. Ideen können permanent eingereicht werden und gemeinsam wird daran gearbeitet, dass der Verein sich weiterentwickelt. Auch innere Prozesse wie Mitgliederaufnahme, Schulungen und Projektprozesse werden überwacht. Die Zufriedenheit der Kunden der Projekte spielt natürlich auch eine Rolle.
ONETZ: Welche Projekte gibt es zum Beispiel?
Michael Wellnhofer: In Kooperation mit Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen führen wir Beratungsprojekte durch. Die können bezahlt als auch Pro Bono, also kostenfrei, sein. Wir arbeiten mit Unternehmen zusammen und setzen Projekte im Projektmanagement, eine Standort- oder Marktanalyse, Umfragen oder Digitalisierungsprojekte um. Die Themen der Projekte sind oft standortbedingt und können grundsätzlich in jede Richtung gehen. Meist sind sie aber im Bereich von klein- und mittelständischen Unternehmen und im Rahmen von zwei, drei Monaten.
ONETZ: Hat sich die Arbeit durch die Coronakrise auch bei Euch verändert?
Michael Wellnhofer: Die Arbeit hat sich stark verändert. Die Unternehmen haben weniger Geld für studentische Unternehmensberatungsprojekte. Für uns gibt es die Möglichkeit, unsere Projekte auch zu einem geringeren Tagessatz anzubieten oder ein Pro Bono Projekt zu machen, um den Firmen entgegen zu kommen und längerfristige Partnerschaften aufzubauen. Auch die vereinsinterne Arbeit hat sich verändert. Eine Herausforderung ist die Mitgliedermotivation und -integration, weil man sich nicht mehr persönlich trifft. Vereinskultur ist neben der externen Arbeit nämlich ein essentieller Bestandteil. Dieses Thema wird auch bei der Audittour viel diskutiert.
ONETZ: Wodurch unterscheidet sich die Studentische Unternehmensberatung von der klassischen Unternehmensberatung?
Michael Wellnhofer: Im Vergleich haben wir vor allem einen Vorteil: Wir sind günstiger, dadurch, dass wir uns das Ganze quasi selbst beibringen und den Input von der Uni haben. Wir sind noch in der Ausbildung und deshalb ist alles auf einem kleineren Level. Dieser Preisvorteil ist dann auch für die Unternehmen relevant. Natürlich ist auch der Projektumfang und die Projektkomplexität geringer.
ONETZ: Ist das also eine gute Möglichkeit als Student Berufserfahrung zu sammeln?
Michael Wellnhofer: Auf jeden Fall. Grundsätzlich können sich auch Studenten aller Fachrichtungen in einer Studentischen Unternehmensberatung engagieren. Was dann den Vorteil der Interdisziplinarität hat. Ein BWL-Kontext ist aber hilfreich. Man erhält viele Soft-Skills, sammelt praktische Erfahrungen und bekommt sehr detailliert Feedback. Im Berufsleben geht das Feedback oft unter, in den Studentischen Beratungen dagegen arbeitet man sehr intensiv zusammen. Das ist schon etwas Besonderes, was es für mich auch auszeichnet. Durch das Netzwerk hinter den Unternehmen kann man manchmal sehr leicht einen Studentenjob abstauben.
ONETZ: Was ist der Plan für die Zeit nach Ihrem Studium? Hat Sie die Arbeit beim BDSU dabei beeinflusst?
Michael Wellnhofer: Ich habe eine grobe Richtung, interessiere mich sehr für Luft- und Raumfahrt. Ob das Beraterleben etwas für mich ist, weiß ich nicht. Gerade jetzt merke ich, dass es schon anstrengend ist, jeden Tag woanders zu sein. Consulting ist eben anders als ein regulärer Job mit geregelten Arbeitszeiten. Aber die Richtung Qualitätsmanagement gefällt mir richtig gut. In der Studentischen Unternehmensberatung kann man sich da halt auch super ausprobieren und herausfinden, was einem gefällt.
Der Bundesverband Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen (BDSU)
- Dachverband Studentischer Unternehmensberatungen vereint 32 Studentische Unternehmensberatungen mit rund 3000 Studierenden
- gegründet 1992, Sitz in Bonn
- Studentische Unternehmensberatungen beraten Unternehmen in betriebswirtschaftlichen Belangen.
- Idee der Studentischen Unternehmensberatungen stammt aus Frankreich: 1967 wurde dort die erste derartige Organisation gegründet. Von dort breitete sich die Idee in den Rest Europas aus.
- Erste deutsche Studentische Unternehmensberatung: Gegründet 1988 an der Technischen Universität Darmstadt.
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