Oberpfälzer Terrorhelfer vor Gericht: Geständnis bringt Wende im Prozess

08.05.2018 - 19:10 Uhr

Im Verfahren gegen zwei mutmaßliche Terrorunterstützer aus Neustadt/WN legt ein Angeklagter am Dienstag ein Teilgeständnis ab. Eine Wendung am sechsten Verhandlungstag.

Ja, er war in Syrien. Der wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung "Junud al-Sham" angeklagte 38-jährige aus dem Landkreis Neustadt/WN mit seinem Anwalt Michael Ried (links) im Sitzungssaal des Oberlandesgericht München. Am Dienstag räumte er Teile der Anklage ein. Bild: Sven Hoppe/dpa

München/Neustadt. Erstmals seit Beginn des Prozesses gegen zwei mutmaßliche Dschihadisten aus Neustadt/WN hat ein Angeklagter vor dem Oberlandesgericht in München Angaben zur Sache und zu seiner Person gemacht. Die Anwälte des 38-jährigen Fatih K. verlasen am Dienstag ein Teilgeständnis. Demnach räumt der Angeklagte einen Besuch in Syrien sowie die Unterstützung der tschetschenisch-dschihadistischen Miliz "Junud al-Sham" (Soldaten Syriens) ein. Allerdings nur mittelbar. Denn Fatih K. habe nur der Wunsch, Mehmet C., den Stiefsohn seines Cousins, zu besuchen, ins Bürgerkriegsland geführt.

Während sich Fatih K. erstmals seit Prozessbeginn Ende März zum Verfahren äußerte, schweigt der mit ihm vor Gericht stehende Abdullah K. weiter. Den beiden türkischen Staatsbürgern wirft die Generalstaatsanwaltschaft bisher unter anderem Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Vorbereiten einer schweren staatsgefährdenden Straftat sowie Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor. Den Vorwurf der Mitgliedschaft bei "Junud al-Sham" sieht der Strafsenat zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens bei beiden Angeklagten nicht für erhärtet an, machte der Vorsitzende Richter am Vormittag deutlich. Dazu sei die Zeit des Aufenthalts der beiden in Syrien zu kurz gewesen.

Wenn du nach Syrien willst, dann geh zu Mehmets Truppe.Der Angeklagte Fatih K. zu einem jungen Weidener aus dem Umkreis des Islamischen Zentrums

In der Folge der Einlassung stellte die Staatsanwaltschaft den Antrag, das Verfahren in zwei Anklagepunkten vorläufig einzustellen, darunter Vorbereiten einer schweren staatsgefährdenden Straftat und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, etwa die Beteiligung an Kämpfen. Zur Begründung wurde auf Paragraf 154 der Strafprozessordnung verwiesen. Dieser sieht die Einstellung vor, falls die zu erwartende Strafe aus diesen Anklagepunkten nicht ins Gewicht fällt gegenüber der Strafe, die aus den anderen Anklagen zu erwarten ist. Zumal in diesem Fall eine Gesamtstrafe gebildet werden müsse.

Süßigkeiten im Gepäck

Fatih K. räumte zudem ein, dass er mit einem jungen Mann aus Weiden gesprochen und diesem geraten habe: Wenn du nach Syrien willst, dann geh zu Mehmets Truppe. Der junge Mann gehört zum Umfeld des Islamischen Zentrums Weiden. Er soll dort aber inzwischen Hausverbot haben, hatte ein Polizist an einem früheren Verhandlungstag berichtet. Der heute 38-Jährige vierfache Familienvater Fatih K. hatte im Herbst 2013 Kleidung für Männer - zwei Taschen, darunter hochwertige, aber gebrauchte Snowboard-Anzüge - zu Mehmet C. und dessen Gruppe nach Syrien gebracht. Zudem hatte er Süßigkeiten im Gepäck - wohl eher ein Gastgeschenk.

In der Einlassung, die die Anwältin von Fatih K. verlas, wurden weitere Details zur ersten Fahrt nach Syrien, der Verbindung zwischen dem Angeklagten und dem Islamischen Zentrum Weiden sowie zum salafistischen Prediger Izzudin J. bekannt. Der Bosnier aus Nürnberg war Anfang April in München wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland, "Junud al-Sham", zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

Den Bosnier will Fatih K. in Nürnberg bei einer Geburtsfeier in einer Moschee kennengelernt haben. Später war der Prediger auch in der Moschee des Islamischen Zentrums in Weiden. Zudem habe Izzudin J. die Fahrt der beiden Angeklagten über Wien nach Syrien organisiert. Fatih K. traf ihn dann auch in einem Haus in Nordsyrien. Der Angeklagte gab an, in den Zeiten in denen er in Neustadt/WN war, mehrfach in der Moschee des Vereins gewesen zu sein. Die Einrichtung wird vom Verfassungsschutz seit Jahren als salafistisch bewertet. Zudem hieß es in der Einlassung, die Brüder Yunus und Ertugrul D. aus Weiden seien weg bereits gewesen, als sich Fatih K. in der Moschee engagierte.

Kontakt über Skype

Wenig schmeichelhafte Worte fand Fatih K. über den Mitangeklagten Abdullah K. Der heute 26-jährige sei immer gelangweilt und ziellos. Was Abdullah in Syrien gemacht habe, hätte er nicht wissen wollen. Dabei ist der Mitangeklagte Teil der Familie. Er ist der Sohn seines Cousins und der Stiefbruder von Mehmet C. Diesen beschreibt Fatih K. dagegen mit besten Worten. Zu ihm habe es in der Familie Kontakt über Skype gegeben.

Dieser habe seinen Stiefvater und die Familie zu Besuchen aufgefordert. Von Mehmet C., der zur Führungsmannschaft von "Junud al-Sham" gehörte, sei Fatih K. in Syrien auch den Kommandeur der Dschihadisten-Miliz, Muslim Al-Shishani, vorgestellt worden. Zu Beginn des Jahres 2014 soll Fatih K. nochmals in Syrien gewesen sein, das spielt aber im Prozess keine Rolle mehr. Mehmet C. wurde 24 Jahre alt, er wurde im selben Jahr in Syrien getötet. Der Prozess in München dürfte noch maximal zwei Tage dauern. Ursprünglich war er bis August angesetzt.

 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.