Schnell noch ein Foto vom Essen knipsen oder ein Selfie posten. Gehören Sie auch zu den Menschen, die fast schon zwanghaft versuchen, möglichst jeden Augenblick fotografisch festzuhalten? Dann habe ich leider schlechte Nachrichten für Sie: Diese pathologische Knipseritis führt meistens dazu, dass die schönsten Momente einfach so an uns vorbeiziehen. Dass wir vor lauter Fotografieren komplett vergessen, den Augenblick zu genießen. Glücklich macht das nicht. Lassen Sie doch öfter mal das Smartphone in der Tasche und lassen Sie sich ganz auf den Moment ein.
Schöne Erinnerungen bleiben, dafür brauchen wir nicht unzählige Fotos. Die Frage ist: Warum müssen wir dann heutzutage trotzdem immer und überall fotografieren? Da machen wir auf dem Konzert unserer Lieblingsband lieber jede Menge verwackelte Bilder, die danach sowieso niemand mehr anschaut, statt uns dem Gänsehautfeeling hinzugeben. Da lassen wir das leckere Essen kalt werden, weil wir noch den richtigen Winkel für das perfekte Instagram-Foto finden müssen. Und am Ende verpassen wir den romantischen Moment mit unserem oder unserer Liebsten, weil wir unbedingt noch den Sonnenuntergang knipsen müssen. Warum tun wir das? Die Antwort ist einfach: weil wir es können.
Früher waren die Kameras noch teuer und analoge Filme enthielten nur 24 oder 36 Bilder pro Rolle. Diese mussten dann erst einmal zum Entwickeln gebracht werden. Und das Ergebnis war bei den Hobbyfotografen dann oftmals enttäuschend. In diesen digitalen Zeiten schafft es nun jedoch fast jeder, einigermaßen ansehnliche Fotos hinzubekommen – den modernen Smartphone-Kameras und Bildbearbeitungs-Apps sei Dank. Und nicht nur das Fotografieren ist jetzt immer und überall möglich, wir können unsere Erlebnisse auch sofort mit anderen teilen. Wirklich?
„Das, was wir da sammeln und teilen, sind keine Erlebnisse“, schreibt der Schweizer Autor David Bauer so schön. „Das sind Beweisstücke.“ Müssen wir tatsächlich immer wieder belegen, was wir erlebt haben? Jetzt habe ich gleich noch eine schlechte Nachricht für Sie: Den anderen Menschen – unsere guten Freunde vielleicht einmal ausgenommen – ist es meistens ganz egal, was wir erlebt haben. Oder sie haben das Foto, das sie gerade noch auf unserem Profil geliked haben, in zehn Minuten schon wieder vergessen. Schonen Sie also Ihren Smartphone-Speicher und machen Sie nur noch bewusst einige wenige gute Fotos. Lassen Sie sich lieber mal wieder ganz auf den Moment ein – und beginnen Sie wieder mit dem Erleben.
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