Laura Schertl: Laufen ist die Pest am ...
Ich hasse Joggen. Ich hasse es wirklich. Wieder klargeworden ist mir das, als ich vor kurzem– und das mag nach meinem eher negativen Einstieg verwundern – mal wieder versucht habe, dem Laufen eine letzte Chance zu geben. Warum ich das immer wieder mache, ist mir auch nicht ganz klar.
Aber am Montag war es wieder so weit: Da war der Arbeitstag lang, der Stau auf dem Heimweg noch länger und die Laune dementsprechend schlecht. Und daheim angekommen habe ich mich hinreißen lassen und bin ein paar Minuten später aus dem Haus gejoggt.
Die ersten Meter waren noch erträglich, aber am Ende der Straße wäre das Thema für mich eigentlich schon erledigt gewesen. Nur war ich dann zu stolz, um einfach wieder umzudrehen und mein persönliches Scheitern für die Nachbarn zu offensichtlich. Der einzig mögliche Weg: Weitermachen. Nachdem ich mich keuchend und fluchend um drei Häuserblocks geschleppt hatte und mehrere Fußgänger vermutlich kurz davor waren, erste Hilfe zu leisten, kam ich zum selben Ergebnis wie immer: Ich hasse Laufen. Dabei bin ich überhaupt kein Sportmuffel. Ich liebe Krafttraining, ich liebe Zumba, ich liebe sogar die grausamen Bauch-Beine-Po-Kurse im Fitnessstudio. Aber ich hasse Joggen.Und das liegt größtenteils an mir selber.
Nummer eins: Ich trample. Ich weiß nicht warum, aber ich höre mich an wie ein mittelgroßes Nashorn auf Teer. Ein Nashorn mit Beinprothese.
Nummer zwei: Nach maximal 100 Metern habe ich Seitenstechen und keuche wie ein alter, rostiger Dampfkessel. Nur Gott weiß, warum ich es nicht mal hinbekomme, korrekt zu atmen.
Nummer drei: Meine Hände verkrampfen und ich laufe spätestens nach ein paar Minuten wie ein sehr schmächtiger, aber überdurchschnittlich aggressiver Preisboxer.
Und als ob das nicht schon reichen würde, ist mir dabei auch noch langweilig. Zum Beobachten der Natur bin nämlich selbst ich beim Joggen zu schnell, für einen richtigen Erlebnisfaktor durch Geschwindigkeit aber zu langsam. Außerdem ist mein Sichtfeld nach so kurzer Zeit auf Stecknadelkopfgröße eingeschränkt, dass es sich mit dem Beobachten sowieso erledigt hätte und ich mich schon verdammt anstrengen muss, um auf dem Weg zu bleiben.
Das viel propagierte „Läuferhoch“ halte ich dabei für eine dreiste Lüge. Für mich ist dieses „Hoch“ nichts anderes, als die völlige Resignation des Körpers, der irgendwann einfach aufhört, Schmerz und Widerstand ans Hirn zu senden, weil mit Erleichterung nicht zu rechnen ist. Wenn ich Joggen gehe, bestrafe ich sowohl meinen Körper, als auch meine Psyche. Laufen, ich hasse dich. Bis zum nächsten Mal!
Julia Hammer: Alles Kopfsache ...
Schritt. Durchatmen. Schritt. Klare Gedanken. Schritt. Freiheit. Gibt es etwas Schöneres als zu laufen? Für mich keine Frage. Absolut nicht. Während andere eingemurmelt unter einer Decke auf dem Sofa bei ihrer Lieblingssendung entspannen, kann ich abschalten, wenn ich meine schwarz-pinken Laufschuhe schnüre, meinen Hoodie anziehe – und einfach drauf loszulaufe.
Ob das schon immer so war? Sagen wir so. Vor drei Jahren konnte ich keine 500 Meter laufen ohne das Gefühl, langsam und qualvoll zu sterben. Nicht, dass ich es nicht immer wieder versucht hätte. Laufen im Sommerregen. Laufen bei Minusgraden. Laufen bei der größtmöglichen Oberpfälzer Hitze. „Es wird mit der Zeit besser. Du musst nur dranbleiben.“ Was habe ich nicht alles gehört. Aber auch nur der kleinste Fortschritt? Natürlich nicht. Die Muskeln in meinen Beinen weigerten sich vehement, stärker zu werden. Also habe ich das gemacht, was jeder vernünftige Mensch gemacht hätte. Ich habe mir gedacht: Bitte, dann eben nicht.
Wie ich wieder zum Laufen gekommen bin? Purer Zufall. Nachdem ich meine Beinmuskulatur als hoffnungslosen Fall abgehakt hatte, wollte ich den Armen eine Chance geben. Mein Papa (Oberarmumfang so groß wie mein Oberschenkel) hatte Handeln und Gewichte vorbereitet. „Wie wärs, wenn wir uns vorher warmlaufen?“, hören ich ihn noch heute sagen. Na wunderbar. Also Laufschuhe an – und ab auf den Radweg vor unserem Haus. Vorsichtshalber verzerre ich schon mal mein Gesicht, warte auf die einsetzenden Schmerzen. Ich warte. Und warte. Und warte. Nichts. Kein Gefühl zu ersticken, keine Krämpfe, keine Beine, die schreien: „Warum tust du uns das wieder an?“. Ich laufe. Fühle mich leicht. Und dann merke ich es: Ich grinse. Drei Kilometer ist die Runde lang. Drei Kilometer, die – zumindest mein sportliches – Leben, ändern.
Zwei Tage starte ich den ultimativen Test. Ich muss wissen, ob die neue Ausdauer nur ein kurzzeitiges Geschenk des Universums war. Ihr wisst schon, vergleichbar wie: Man hält einem Kind einen Lolli hin, die Augen leuchten, und kurz, bevor es ihn erwischt, zieht man weg. Ein kurzes Hoch vor der bitteren Erkenntnis. Also: Wieder Laufschuhe an und los. Und es funktioniert wieder. Ich laufe – und es macht Spaß. Und nicht nur das. Mit jedem Meter werden meine Gedanken klarer, meine Beine stärker. Inzwischen kann ich mir meine Woche ohne Laufen nicht mehr vorstellen. Zwei, manchmal drei Mal. Und ich liebe es. Meine Auszeit fernab des Alltags. Und das Gefühl, von Mal zu Mal besser und schneller zu werden. Tja, Beinmuskeln, ihr habt lange durchgehalten und euch geweigert. Aber sind wir doch mal ehrlich. So ist es doch viel schöner.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.