LEO Blog: Miese Verräter und Friedensangebote

Oberpfalz
02.02.2022 - 11:53 Uhr

Das Schicksal ist ein mieser Verräter. In dieser Hinsicht stimmt Redakteurin Julia Hammer Autor John Green voll und ganz zu. Zumindest bis vor Kurzem ...

Manchmal ist das Schicksal ein mieser Verräter. Und manchmal ... macht es uns wieder Friedensangebote.

Es gibt Zeiten im Leben, in denen nichts ist, wie es sein sollte. Du kennst das sicher auch? Eine blöde Situation jagt die nächste, eine schlechte Nachricht die andere. Eine schmerzhafte Trennung, der existenzbedrohende Jobverlust … es gibt viele Krisen, die uns mit unserem Schicksal hadern, uns an seiner Redlichkeit zweifeln lassen. Das ist wohl ein unausweichlicher Teil des Lebens. Schwierig wird es, wenn diese Phasen nicht enden wollen – wie vergangenes Jahr. 2021 hat sich das Schicksal von seiner miesesten Seite gezeigt.

Es hat mir meinen liebsten Menschen genommen. Auf eine hinterhältige Art und Weise. Und plötzlich war alles anders. Das Leben geht weiter und ist von einem Moment auf den anderen doch so fremd. Leerer. Irrealer. Ich habe angefangen, das erste Mal ernsthaft mit dem Schicksal zu hadern. Diesem unfassbar ungerechten Verräter. Schon immer bin ich ein Mensch gewesen, der sein Schicksal gerne selbst in die Hand nimmt. Ich plane und investiere viel, damit mein Leben so verläuft, wie ich es will. Doch manche Dinge liegen nicht in unserer Macht. Wenn ich an 2021 denke, denke ich nicht nur an meinen Verräter, sondern auch an die vielen Menschen, die mit ihrem konfrontiert wurden. Hinterbliebene. Solche, die ihr Leben durch eine schwere Krankheit oder ein Unglück verloren haben. An die, die durch eine persönliche Katastrophe an ihrem Schicksal zweifeln und vor der Frage stehen: Wie soll ich damit umgehen? Eine Universallösung gibt es nicht. Ich denke, jeder muss seinen eigenen Weg finden, um sich damit zu arrangieren. Meiner war Ablenkung. Ich habe angefangen, mein Leben mit schönen Augenblicken zu füllen und sie wieder zu genießen. Das hat funktioniert … bis kurz vor Weihnachten. Ich habe mir fest vorgenommen, diese Zeit, die ich immer sehr gemocht habe, komplett auszublenden. Emotionale Ignoranz. Wie du dir denken kannst, hat das nicht funktioniert. Die Welt füllt sich mit vorfreudigen Menschen und verwandelt sich in ein Paradies aus Lebkuchen und Lichterketten. So, wie es auch sein muss. Aber ich habe mich oft gefragt: Wie vielen geht es jetzt wohl wie mir? Nicht nur in diesem Jahr, auch die Male zuvor? Darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht.

Ich habe mich also auf Feiertage im emotionalen Ausnahmezustand eingestellt. Augen zu und durch bis Neujahr. Rückblickend kann ich sagen: Diese Tage haben mich wieder ein wenig mit meinem Schicksal versöhnt – und so dankbar gemacht, wie ich noch nie zuvor war. Ich habe viele wundervolle Menschen um mich. Nicht erst, seit der Verräter zugeschlagen hat, sind sie immer an meiner Seite. Meine Vertrauten, größten Fürsprecher und besten Ablenker. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass sie nicht nur Freunde, sondern über all die Jahre zu einer kleinen Familie geworden sind. Mein doppelter Boden. Sie haben meine Tage mit Glück gefüllt. Mit allem, was ich liebe: Wintergrillen bei minus 6 Grad, einem Horrorfilm-Abend mit reichlich Glühwein. Mit wundervollen Gesprächen bei viel Kaffee. Sie haben mir sogar Prag nach Hause geholt. Ich habe gemerkt, dass das Gute in meinem Leben nie weg war. Das Glück, wahre Freunde zu haben. Ich denke, ich habe es nur lange nicht mehr so deutlich gesehen.

Das Schicksal und ich werden so schnell keine engen Freunde mehr. Aber nein, nicht immer ist es ein mieser Verräter. Ich schätze das Friedensangebot sehr, das es mir gemacht hat. Es hat sich wieder von seiner guten Seite gezeigt – und mir so ermöglicht, glücklich im neuen Jahr anzukommen. Ohne Hadern, dafür dankbar für all die Menschen in meinem Leben. Ich denke, ich gebe uns noch eine Chance – diesem hinterhältigen Verräter und mir. Das solltest du auch. Egal, von welcher Seite sich dir das Schicksal 2021 gezeigt hat. Wer weiß, vielleicht hat es 2022 etwas sehr Glückliches mit uns vor.

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