LEO trifft: Michael Weiß über Vielfalt, Lieblingsprojekte und eine Schüssel Müsli

Oberpfalz
02.06.2021 - 09:48 Uhr
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Michael Weiß packt an, beruflich und privat. Im Rathaus Wackersdorf – Steinberg am See ist er zuständig für Presse, Marketing, Kultur und Tourismus. Mit uns spricht er über seinen Arbeitsalltag, Rastlosigkeit und den eigenen Glauben.

Michael Weiß hat viele Pläne. Und er arbeitet hart daran, sie umzusetzen.

ONETZ: Gibt es bei dir sowas wie eine offizielle Berufsbezeichnung?

Michael Weiß: Nicht wirklich. Studiert habe ich eigentlich Lehramt, aber sicher ist: Lehrer bin ich keiner. Die Arbeitsbereiche im Rathaus bedingen sich gegenseitig: Marketing hat immer etwas mit Pressearbeit zu tun, Tourismus oder Veranstaltungen immer etwas mit Marketing. Das im Rathaus macht mich zu einer Art "Projektmanager". Das Sprechen und Moderieren sind Relikte aus meiner Zeit beim Radio.

ONETZ: Der Schwerpunkt deiner Arbeit liegt auf Wackersdorf und Steinberg am See. Warum gerade dort?

Michael Weiß: Tatsächlich aus Zufall. Nach meinem Studium in Erlangen und meinem Volontariat in Weiden wollte ich mich weiterentwickeln. Es gab eine interessante Stelle beim Landratsamt Amberg-Sulzbach, die ich unbedingt wollte. Gleichzeitig war die Stelle in Wackersdorf offen. Meine Bewerbung habe ich dann an beide Stellen geschickt, vom Landratsamt gab es aber nur eine Absage. Für mich war dann klar: Zwei Jahre Wackersdorf und weiter geht's. Das ist jetzt bald vier Jahre her – und ich will hier so schnell nicht weg.

ONETZ: Was macht den dort Job so besonders?

Michael Weiß: Zum einen spielt mir die Vielfalt meiner Aufgaben in die Karten. Aber mindestens genauso wichtig sind das Rathausteam, die Geschäftspartner und die Leute hier in Wackersdorf und Steinberg am See. Unser Rathaus-Team ist der lebende Beweis gegen alle Verwaltungs- und Rathausklischees. Hier arbeitet ein echtes Team – Wertschätzung, Achtung und gegenseitige Unterstützung sind hier der Tenor.

ONETZ: Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Michael Weiß: Tasse Kaffee und 'ne viel zu große Schüssel Müsli – oder wie manche Kollegen gerne kommentieren: "Uah, scho wieda Voglfouda!". Dann ist der Alltag vorbei. Und das ist gut so. Die eine Woche arbeite ich primär an einem Magazin. Die nächste Woche plane ich Veranstaltungen vom Künstlerbooking, über Versicherungen bis zur letzten Banane, die im Backstage liegt. Und dann komm ich nachmittags von meiner Stelle im Rathaus nach Hause und spreche noch flott einen Audioguide oder einen Spot für einen Kunden.

ONETZ: Was begeistert dich an der Region?

Michael Weiß: Die immense Dynamik und das große Potenzial. Ich beobachte oft, wie viele Menschen die Nase über die ländlichen Regionen rümpfen – das kenne ich aus meinem Heimatlandkreis Amberg-Sulzbach genauso wie aus dem Schwandorfer. Aber ländliche Regionen haben einiges zu bieten. Und immer mehr kapieren das auch und machen was draus.

ONETZ: Was heißt das konkret?

Michael Weiß: Als ich ins Studium ging, sind fast alle meine Freunde in große Städte ausgeschwärmt. Der urbane Raum war das Non plus ultra. Wenn du an deinem Heimatdorf hingst, wurdest du schief angeschaut. Der Großteil ist aber einige Jahre später wieder zurück. Verhältnismäßig günstiger Wohnraum, Naturnähe und ein oftmals überraschend gutes Jobangebot. In Wackersdorf und Steinberg am See arbeiten wir im ganzen Team, um diese Chance für unsere Zukunft zu nutzen.

ONETZ: Wie bewertest du das Angebot für jüngere Menschen in dieser doch ländlicheren Gegend?

Michael Weiß: Auch hier sehe ich uns an einem sehr spannenden Punkt: Ich habe in meiner Jugend den Wert unserer Region an den Feier- und Freizeitmöglichkeiten gemessen und an der Bahnverbindung nach Nürnberg und Regensburg. Das hat sich geändert. Abgesehen davon, dass bei uns viele traditionelle Feiermöglichkeiten wie Volksfeste einen hohen Stellenwert haben: Die großen Partywochenenden im Festzelt und im Club nehmen ab. Was wir nie genug haben können, sind Veranstaltungsrahmen und Treffs – zum Beispiel das Wackersdorfer Mehrgenerationenhaus. Das ist in den letzten Jahren ein Dreh- und Angelpunkt für alle Generationen geworden. Sowas bräuchten wir viel mehr und an möglichst vielen Orten.

ONETZ: An welche Projekte erinnerst du dich besonders gern zurück?

Michael Weiß: Es sind allgemein die unkonventionellen und die mit besonders großer Tragweite – und Corona hat einiges Unkoventionelles erzwungen. Ich erinnere mich an das Livestream-Konzert mit Florian Christl letztes Jahr im Oktober: Wackersdorfer Pfarrkirche St. Stephanus, ein 30-köpfiges Technikteam aus der Region, insgesamt 20.000 Zuschauer. Dankunseres Teams, von dem jede und jeder einzelne bereit war, über die geforderten 100 Prozent zu gehen, war das Ergebnis so gut, dass Florian Christls Musiklabel das Konzert im Anschluss als Live-EP herausgegeben hat.Das macht einen dann schon ein wenig stolz. Danke ans Team!

ONETZ: Worin liegt die größte Herausforderung deiner Arbeit?

Michael Weiß: Überblick behalten und Mut zu Fehlern. Der Großteil meiner Arbeit steht in der Öffentlichkeit. Überall, wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Man kriegt irgendwann ein dickes Fell und lernt, die Sache mit Humor zu nehmen. Wenn wir eine Broschüre rausgeben, gebe ich im Rathaus mittlerweile immer eine Tasse Kaffee aus – für den Sherlock, der den ersten Buchstabendreher auf 40 Seiten Text findet.

ONETZ: Wie wirkt sich die Corona-Krise auf deine Arbeit aus?

Michael Weiß: Erstaunlich wenig. Ich erinnere mich an den ersten Lockdown – da wurden im Rathaus große Pläne geschmiedet, was zu tun sei, wenn uns die Arbeit ausginge. Tatsächlich haben die Verwaltungen oft mehr zu tun, als ihnen lieb ist. Wir sind in vielen Belangen die Speerspitze der Corona-Maßnahmen. Wir haben bei uns im Rathaus außerdem sehr früh mit einem Schichtsystem mit Homeoffice-Regelung reagiert. Lob an die Kolleginnen und Kollegen, die das umgesetzt haben: Das System funktioniert hervorragend.

ONETZ: Dein Arbeitsalltag ist stressig. Was machst du in deiner Freizeit?

Michael Weiß: Ich verbringe viel Zeit mit meiner Frau und Tochter, mit meiner Familie und meinen Freunden, ich liebe Musik und klassische Literatur, engagiere mich bei Vereinen und der Feuerwehr in meine Heimatdorf und im Christlichen Zentrum in Amberg. Ein wichtiger Ausgleich ist vor allem Sport: Ein paar Mal pro Woche trainiere ich Kraft oder strample auf dem Rennrad durch die Oberpfalz.

ONETZ: Woher nimmt man die Energie für so viel Engagement?

Michael Weiß: Erstmal: Weil ich's kann. Ich bin eher der rast- und ruhelose Typ. Ich will Dinge bewegen, ich will gute Arbeit leisten. Aber umso wichtiger ist ein gesunder Gegenpol. Und für mich steht dort mein Glaube im Zentrum. Ich bin gläubiger Christ. In der Lehre des Christentums liegt viel Wahrheit und ein großer Werkzeugkasten für viele unserer persönlichen und gesellschaftlichen Probleme. Alles soll immer schneller, besser und effektiver funktionieren. Der christliche Glaube ist das krasseste Gegenstück zu unserer modernen Leistungsgesellschaft. Eigene Leistung und Werke zählen hier nichts – sondern nur Glaube und Gnade. Das entspannt ungemein.

ONETZ: Welche Pläne hast du für die Zukunft?

Michael Weiß: Ich bin in diesem Jahr Vater geworden – ich liebe meine Frau und meine kleine Tochter von ganzem Herzen. Das ist mein großer Plan für die Zukunft. Beruflich – egal ob Wackersdorf und Steinberg oder meine Selbstständigkeit betreffend – hab ich eher die Sorge, dass ich bis zu meiner Rente unmöglich alle Pläne und Ideen umsetzen kann.

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