Soldaten erzählen von ihren Einsätzen in Afghanistan und im Kosovo - Unter Beschuss geraten: Lebensgefahr "zwischen Welten"

Pfreimd
22.03.2014 - 00:00 Uhr

Einige gerieten in Lebensgefahr, andere hatten eine gigantische logistische Leistung beim Rückbau des Feldlagers Kundus zu bewältigen: Für die Soldaten des Panzerbataillons 104 ist der Einsatz in Afghanistan beendet. Nicht ganz: Sie sind gespannt auf den neuen Kinofilm "Zwischen Welten". Während der Dreharbeiten wurde Regisseurin Feo Aladag von Pfreimder Soldaten begleitet.

Beim Rückkehrerappell am Mittwoch war bei den Soldaten der Oberpfalzkaserne Erleichterung zu spüren, dass alle heil aus den Einsätzen zurückgekehrt sind. Anfang August 2013 lief für 120 Einsatzkräfte der KFOR-Einsatz im Norden des Kosovo, in der Nähe von Mitrovica, an. Bis Januar waren die Soldaten in Novo Selo und in Außenlagern präsent, um den im Grenzgürtel lebenden Serben Sicherheit zu geben. "Wir sind nicht die Polizei", schränkt Hauptfeldwebel Tobias Wendt mit Blick auf den blühenden Schmuggel ein. Es ging um bewachen, beobachten. "Verdichtetes Lagebild" nennt sich das.

Wahllokal gestürmt

Im politischen Pulverfass hatten die deutschen Soldaten zusammen mit Einsatzkräften anderer Nationen die Aufgabe, drei Wahlgänge zu überwachen. "Die Situation war kritisch, man braucht Fingerspitzengefühl", formuliert es der 35-Jährige. Beim ersten Wahltermin wurde ein Wahllokal gestürmt. Für die Soldaten hieß das, Umfeld und Räume für die Bevölkerung, für die EU- und die örtliche Polizei absichern. Die Präsenz war wichtig: "Wir sind die einzigen Uniformträger, denen die Menschen hier noch vertrauen", so Wendt. Ziel war es einer "Verschärfung der Lage vorzubeugen". Das sei gelungen. Doch es gebe "enormes Unruhepotenzial im Land". Wie lange sollen die Einsätze noch andauern? "Die Politik ist gefordert", so Wendt.
Hautnah bekamen die Soldaten in Afghanistan die explosive Lage zu spüren. 320 Mann waren im Feldlager Kundus stationiert, stellten den Schutzzug, bildeten die afghanische Armee aus, zeigten Wege zu mehr Sicherheit auf. Hauptfeldwebel Thomas Demmelmeier ist mit 20-jähriger Berufserfahrung ein alter Hase. Er und seine Kameraden waren monatelang vorbereitet worden, wussten, wo auf Sprengfallen geachtet werden muss. Demmelmeier erzählt von den extremen Witterungseinflüssen, greller Sonne und langen Wegen, wenn aus wenigen Kilometern Luftlinie stundenlange Fahrten werden.

Er führte einen Schutzzug an, war mit seinen Leuten im Außenlager Quatliam und brach Richtung Kundus auf. "Dann macht es Bumm. Du spürst nichts, du denkst nichts". Das erste von 14 Fahrzeugen war in eine Sprengfalle geraten. Beschuss von beiden Seiten. "Wir haben auch das Feuer eröffnet", so Demmelmeier. Als alles vorbei war, kam die Meldung aus dem Dingo, "dass alle fünf leben". Nasenbeinbruch, Prellungen und Schleudertrauma waren zu verschmerzen. Der Konvoi fuhr zur Erstversorgung zurück nach Quatliam. "Ich habe meine Kameraden angefasst, abgetastet, um zu realisieren, das sie wirklich leben". Der 5. August, 10.57 Uhr, hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Es dauerte einige Tage, "bis das Selbstvertrauen zurück kam, das Gefühl nachließ, dass hinter jedem Busch jemand lauern könnte". Trotzdem: "Ich glaube nicht, dass unser Einsatz umsonst war", fasst Demmelmeier zusammen. "Wir waren da, um Terroristen eine Plattform zu nehmen, wo sie ungestört Terrorakte vorbereiten können". "Was wäre passiert, wenn es keine Schutztruppe, keine Ausbildung durch internationale Kräfte gegeben hätte?"

600 Container

Auch für den Abzug war ein Mann aus der Oberpfalzkaserne verantwortlich: Major Thorsten Haisch. Er hatte federführend den Rückbau zu managen, während noch Soldaten vor Ort Dienst taten. Da waren Konvektomaten gegen afghanische Brennstellen auszutauschen, Steckdosen und Lichtschalter vor der Übergabe an die Afghanen zu registrieren, Müll zu entsorgen. 25 000 Versorgungsartikel - von der Schraube bis zum Gefechtsfahrzeug -, 230 Fahrzeuge, 600 Container mussten zurück in die Heimat. Anfang Juli begann das Abschmelzen der Mannschaftsstärke, ab Mitte September bis Oktober lief die heiße Phase.

Major Ulrich Humpert spricht von einer logistischen Meisterleistung. Er begleitete und beriet das afghanische Bataillon. Von Pfreimd aus informierte er sich über die Situation nach dem Abzug. Er sieht "keine signifikante Verschlechterung der Sicherheitslage". Natürlich sei nicht "Friede, Freude, Eierkuchen". Doch "der Einsatzwert hat sich verbessert" - dank der Beratung und des Aufbaus lokaler Sicherheitskräfte. "Wir können mit unseren Kräften keine Sicherheit in einem anderen Land projizieren. Wir können Afghanistan nur zu den Möglichkeiten verhelfen, seinen eigenen Weg zu gehen".

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