Pianist Seong-Jin Cho und die Kremerata Baltica beschwören die Faszination der Musik Chopins: Chopins Tastenmagie

Regensburg
19.04.2018 - 20:00 Uhr

Alle Jahre wieder gastiert die Kremerata Baltica bei den "Odeon Concerten", "Chopin-total" lautet das Motto diesmal. Chopin ohne Tasten wäre ein No-Go, und so hat man Seong-Jin Cho ins Boot geholt, den bald 24-Jährigen und somit jüngsten Preisträger des Chopin-Wettbewerbs Warschau von 2015.

Pianist Seong-Jin Cho absolvierte die Klavierkonzerte mit souveräner Eleganz, mit Sinn für die feingesponnenen Töne. Bild: Harald Hoffmann

Er darf am Mittwochabend im Audimax gleich beide Klavierkonzerte von Chopin spielen, Nr. 2 in f-Moll op. 21 und Nr. 1 in e-Moll op. 11, ein hoch anspruchsvoller Husarenritt, den er schweissfrei absolviert, mit souveräner Eleganz, mit Sinn für die feingesponnenen Töne, er hat wehmütig verschleierte Farben ebenso auf der Palette wie fiebrig-flirrende Virtuosität.

Konzert-Artistik

Das sotto-voce-Thema im Schlusssatz des Opus 21 im Stil eines polnischen Kujawiak-Tanzes gerät auf dem Steinway doch etwas zuckerwattig. Auch bei Opus 11 verlässt er sich auf die natürliche Diktion der Musik, ist gern auf dem introvertierten Ufer unterwegs, bläst die Themen nicht unnötig mit sentimentalen Rubato-Effekten auf, lässt die rhythmisch freien Figurationen wie aus dem Stegreif improvisiert erscheinen.

Nicht zum Vorteil der beiden Konzerte erweist sich das Arrangement für die in reiner Streicherbesetzung musizierende Kremerata Baltica. Schmerzlich vermisst man die delikaten Klangfarben von Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern, Trompeten und Pauken. Deren Partien werden solistisch gespielt, da wird reichlich zusätzlicher Streicherteppich ausgelegt, der manchmal sogar Finessen der Klavier-Begleitstimme zudeckt. Beide Konzerte, bei denen sich seinerzeit Chopin als Pianist feiern ließ, zeigen kompositorisch ihre Längen.

Gedimmte Klänge

Nach der Pause erklingen zwei kurze Arrangements Victor Kissings: Chopins Mazurka a-Moll op. 17/4 und die Nocturne E-Dur op. 62/2. Die Melodie der Mazurka taucht Gidon Kremer als Solist in ein zauberhaft verschleiertes Dämmerlicht.

Den Anfang gestalten Kremer, Cho und Cellistin Giedre Dirvanauskaite mit dem g-Moll-Klaviertrio op. 8, eine Kammermusikgattung, die dem Solo-Pianisten Chopin nicht so ganz nahe lag. Oft agieren die Streicher im Klangschatten der gleichen Lage des Klaviers, zudem ebnen alle drei die Kontraste ein.

Kremer gibt den verhalten-versonnenen Tonfall vor, Cho wagt manchmal kaum, mit transparent ziselierten Begleit-Figuren und klar definierten Klavierbässen einen Gegenpol zur Melodie zu formulieren. Seine andere, heftig umjubelte Seite zeigt der Pianist bei der Solo-Zugabe, der Polonaise As-Dur op. 53: Furios, überschwänglich, triumphal reißt er von den Stühlen.

 
 

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