Pakete, überall Pakete. Braune, graue, kleine, große. In der Wohnung von Sascha Keilholz liegen sie überall herum. Im Flur, auf der Treppe, auf dem Tisch im Wohnzimmer. "Heute sind die Programmhefte und Plakate geliefert worden", erklärt Keilholz das kleine Chaos. Am 15. November beginnt das von ihm organisierte "Heimspiel Filmfest".
Qualitätsfestival
Auch Sophia Herrmann und Konstantin Seitz sind deshalb im Stress. Die Studenten helfen beim Auspacken. Denn das "Heimspiel" wird freilich nicht alleine von Festivalleiter Sascha Keilholz auf die Beine gestellt. Ihm zur Seite steht eine Gruppe Studenten. Das Filmfest ist ein Projekt des Lehrstuhls für Medienwissenschaft an der Uni Regensburg. Bis auf den Soundtrack zum Trailer hat die 25-Studenten-Truppe mit Uni-Dozent Keilholz alles alleine gestemmt. Ein Filmfestival, organisiert von Anfängern? Von wegen. "Wir sind ein Qualitätsfestival", sagt Sascha Keilholz, der neben seinem Job an der Uni auch als Filmkritiker arbeitet. "Ein Best-of-Festival. Wir zeigen die besten Filme des Jahres." Streifen, die bei den bekanntesten Filmfestivals der Welt liefen. Sundance, Berlin, Venedig, Locarno. "Die Filme, die man unbedingt gesehen haben sollte." 80 Prozent davon sind zum ersten Mal in Regensburg zu sehen.
Das sind vor allem kleine Produktionen. "Das Heimspiel ist oft die einzige Chance, manche Filme im Kino zu sehen." Ein Kontrastprogramm zum Multiplex-Kino und Filmen wie "Fack ju Göthe". Keilholz meint: "Den kann man derzeit an jeder Ecke gucken. Ist ein netter Service und in Ordnung." Die Multiplex-Kinos zeigen Filme, die sowieso sichtbar sind. "Wir zeigen Filme, die eher im Schatten sind." Wo sonst hat man die Möglichkeit, den philippinischen Venedig-Gewinner "The Woman Who Left" zu sehen?
Das "Heimspiel" ist nicht für die Massen gedacht. In den letzten Jahren seien immer knapp 3000 Besucher gekommen, verrät Keilholz. Findet er gut. Es gehe auch nicht darum, zu wachsen, dass im nächsten Jahr 4000 kommen und im übernächsten 5000. "Da müssten wir nur andere Filme zeigen." Vielleicht ins große Cinemaxx wechseln. Die Filme laufen aber in den Regensburger Altstadtkinos (Andreasstadel, Ostentor, Filmgalerie). Das ist gut so.
"Einen Ort schaffen"
Das verpasst dem Filmfest sein eigenes Flair. "Wir versuchen auch, einen Ort zu schaffen." Ein Ort, an dem die Zuschauer nach den Vorführungen mit Regisseuren und Schauspielern plaudern können. Den Filmschaffenden Fragen stellen können. Mit ihnen ein Bier im Akademiesalon oder in der Kinokneipe trinken können.
Auch zur neunten Auflage kommen wieder viele Gäste aus der Filmbranche nach Regensburg. Zum dritten Mal wird Regisseur Dominik Graf ("Im Angesicht des Verbrechens") anreisen. Er und Christian Petzold ("Barbara", "Phoenix") sind dem "Heimspiel" freundschaftlich verbunden, sagt der Festivalleiter. "Die wissen, dass hier Qualitätsarbeit geliefert wird. Dass sie nicht durch den Marketing-Reißwolf gezogen werden." Dass sie stattdessen über Filme diskutieren dürfen.
Gespräch mit Dominik Graf
So wie Graf. Er ist mit seinem Dokumentarfilm "Offene Wunde Deutscher Film" in Regensburg - und spricht darüber (Samstag, 18. November, 20.30 Uhr, Akademiesalon). In der Doku beleuchtet der Regisseur kritisch die Filmindustrie. "Der deutsche Film hat einen schlechten Ruf. Der wird ihm aber nicht gerecht", findet Sascha Keilholz. "Es gibt sehr gute Genre-Filmer, die wahnsinnig gutes Kino machen." Graf und Petzold, zum Beispiel. In vielen Ländern werde das wahrgenommen - nur in Deutschland nicht. Das möchte das "Heimspiel" ändern. Ein Grund, warum das Filmfest vor fast zehn Jahren gegründet wurde. "Wir wollten zeigen: Guck' mal, welche Qualität es im deutschen Kino gibt."
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Programm-Highlights
Das "Heimspiel" läuft von 15. bis 22. November. Festivalleiter Sascha Keilholz kann sich gar nicht entscheiden, welche Beiträge er hervorheben will. Er tut's trotzdem: "Schwarzer Kies" (Montag, 20. November, 16.45 Uhr, Akademiesalon) von 1961: "Wahnsinnig radikal." In Regensburg ist die unzensierte Fassung zu sehen. Auch "Western" (Sonntag, 19. November, 19.30 Uhr, Filmgalerie) findet der Filmkritiker stark. "Dalida" (Mittwoch, 22. November, 17 Uhr, Wintergarten) sei ein tolles Biopic. Bei "A Ghost Story" (Samstag, 18. November, 19.15 Uhr, Ostentor) ist der Festivalleiter gespannt wie das Publikum auf den "schwierigen" Film mit Casey Affleck unter einem Bettlaken reagiert. Für Sophia Herrmann ist die Sache klarer: "Luft" (18. November, 19.45 Uhr, Wintergarten) und "Siebzehn" (18. November, 17 Uhr, Wintergarten). Konstantin Seitz freut sich vor allem auf die asiatischen Filme "Mr. Long" (Donnerstag, 16. November, 21.15 Uhr, Filmgalerie), "The Villaines" (18. November, 22.45 Uhr, Wintergarten) und "The Wailing" (Freitag, 17. November, 22.45 Uhr, Wintergarten). (jut)
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