Unter-50-jährige Konzertbesucher werden sich bei der Show "Woodstock - The Story" vermutlich die Augen reiben. Weil sie sich wundern werden, abgehärtet durch moderne Festivals wie "Rock am Ring", "Wacken" oder "South Side", bei denen der Merchandise-Aspekt zumindest genauso entscheidend ist wie der musikalische.
Sie werden sich wundern, dass es eine Ära gab, in der kraft gewaltiger Rock-, Pop- und Folk-Klänge ein Open-Air weit mehr war als lediglich eine Zusammenkunft wildfremder Menschen, die ein paar Tage lang gebannt auf eine Bühne starren, wo irgendwelche Stars ihre Songs zum Besten geben. Tatsächlich war es in den späten 1960ern bis hinein in die 1970er so, dass Festivals in der Regel Mikrokosmen waren, die einen Vorgeschmack auf ein friedliches Paradies geben wollten, in denen Liebe, Friede und individuelle Freiheit die einzig verbindlichen Werte für das Miteinander waren.
Drei Tage wurde frenetisch, fröhlich und vor allem friedlich gefeiert, der Soundtrack kam von 32 Bands und Solo-Künstlern wie The Who, Janis Joplin, Jimi Hendrix oder Creedence Clearwater Revival. Für manche Artisten wie Santana oder Joe Cocker war der Auftritt bei "Woodstock" gar der endgültige Durchbruch zu ihrer Weltkarriere.
"Geist von einst"
Vor rund zehn Jahren taten sich im holländischen Eindhoven ein paar Freunde zusammen, allesamt in künstlerischen Berufen zu Hause, völlig elektrisiert vom Flower-Power-Gedankengut als solchem, vom "Woodstock-Spirit" im Besonderen. Sie machten sich Gedanken darüber, wie man den "Geist von einst" in die Gegenwart transportieren könnte, mit Hilfe einer mitreißenden Show. Diese Treffen waren Initialzündung für "Woodstock - The Story", eine Art Musical, das in den Beneluxländern seit langem frenetisch umjubelt ist, und das im Januar und Februar erstmalig auch auf deutschen Bühnen zu sehen sein wird. "Wir wollen nicht einfach die Historie dieses einzigartigen Festivals erzählen, wir wollten auch nicht die dreistündige Film-Dokumentation nachspielen", erklärt Veranstaltungsleiter Matthijs van Noort. "Das alles würde für uns keinerlei Sinn ergeben. Stattdessen geht es uns darum, den einzigartigen Geist jener Ära, speziell den Geist jenes unglaublichen Festivals namens 'Woodstock' auf die Bühne und in die Moderne zu übertragen."
Friedlicher Gegenentwurf
Der künstlerische Leiter Laurens ten Den ergänzt: "Diese Mammut-Feier von 1969 signalisiert heutzutage mehr denn je einen friedlichen, liebevollen Gegenentwurf zu einer immer aggressiveren, kriegerischer werdenden Realität. Es wäre wunderbar und ist absolut das Hauptanliegen unseres Stücks, wenn wir dieser anti-humanen Gegenwart eine bessere, freundlichere Vision entgegen setzen könnten. Wir möchten wie einst bei 'Woodstock' kraft wundervoller Musik für Frieden, Harmonie und Leidenschaft sorgen."
Es gibt keine wirkliche Rahmenhandlung bei "Woodstock - The Story". Für die Rekonstruktion der originellen, herrlich mitreißenden Grundstimmung sorgen Fotos und kleine Filme, die im Hintergrund immer wieder zugespielt werden. Dann kommt Laurens ten Den als kurzweiliger, imaginärer Moderator des Ausnahme-Events von 1969. Der Theater- und Film-Schauspieler animiert in charmant-gewitzter Art das Publikum zur Interaktion, die sich vor allem in Mitklatschen und -singen äußert.
Doch der treibende Faktor, der das Geschehen auf der Bühne am Laufen hält, ist die unsterbliche Musik von Jimi Hendrix, Crosby, Stills, Nash & Young, Jefferson Joplin oder The Band. Und von den grandiosen holländischen und belgischen Interpreten dieser unsterblichen Ikonen, allen voran Rock-Sänger Martin van der Starre, dessen Inkarnationen etwa von Joe Cocker oder John Fogerty derart beeindruckend sind, dass man die Originale (fast) vergisst. Ebenso die ausdrucksstarke Muriel te Loo, die etwa Janis Joplin oder Joan Baez unnachahmlich Saft und Kraft einhaucht.
Nostalgie-Veranstaltung
"Woodstock - The Story" mag eine große Nostalgie-Veranstaltung sein. Doch wenn sich Anachronismus in einem Musical äußert, das durch die Bank zu begeistern weiß, dann ist das zum einen legitim, zum anderen beweist es, dass früher zumindest einiges besser, da leichtfüßiger war. Und beseelter auf alle Fälle.
Termine
"Woodstock - The Story" gastiert am Donnerstag, 19. Januar, in Fürth (Stadthalle) und Donnerstag, 2. Februar, in Regensburg (Audimax).
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Karten beim NT/AZ/SRZ-Ticketservice unter Telefon: 0961/85-550, 09621/306-230 oder 09661/8729-0.
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