Schmidmühlen träumt von Unesco-Ehren für alten Faschingsbrauch: Fischzug als Kulturerbe

Schmidmühlen
23.01.2014 - 00:00 Uhr

"Das wäre eine Sensation." Dominik Knauer, der Präsident des Faschingskomitees Schmidmühlen, sagt frei heraus, was es ihm bedeuten würde, wenn der Schmidmühlener Fischzug tatsächlich den Sprung auf die neue Liste der Unesco zum geistigen Kulturerbe schaffen sollte.

Verzweiflung, Heulen und Zähneknirschen - wie hier beim Gelbeuteleingraben zum Ende des Fischzuges 2013 - wird es bei den Schmidmühlenern nicht geben, sollte ihr alter Brauch die Aufnahme auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco verfehlen. Doch jetzt drücken sie erst mal die Daumen dafür. Auf dem Bild beklagt Zeremonienmeister Thomas Wagner (oben) das Dahinscheiden des Faschings und rührt damit die anderen Teilnehmer zu Tränen. Archivbild: bö

Das ist schwer, aber nicht unmöglich. Die "Süddeutsche Zeitung" hat am Mittwoch veröffentlicht, welche 18 Kandidaten Bayern dabei ins Rennen schickt. Neben dem Fischzug sind das etwa der Viktualienmarkt, die Oberammergauer Passionsspiele, die Landshuter Hochzeit, die Bamberger Sandkerwa oder - als zwei Konkurrenten aus der Oberpfalz - der Kötztinger Pfingstritt und der Further Drachenstich.

Seit dem 19. Jahrhundert

"Ach schau mal, jetzt sind wir schon unter den 18 Kandidaten in Bayern", hat sich der Schmidmühlener Bürgermeister Peter Braun erfreut gedacht, als er gestern die Meldung mitbekam. Braun hat die Bewerbung durch die Gemeinde angeleiert (siehe das Interview rechts). Er weiß um das Besondere am Schmidmühlener Fischzug: Der Volksmund behauptet, dass es ihn schon im 17. Jahrhundert gab. Richtig fassbar wird er aber erst Ende des 19. Jahrhunderts. Manchen gilt er als "Heischebrauch", als ein Ritual also, mit dem weniger wohlhabende Leute sich auf geistreiche Weise von den Wirten Bier erbetteln konnten. Andere rücken die praktische Seite in den Vordergrund: Am Aschermittwoch musste das vom Fasching übrig gebliebene Bier weggetrunken werden, weil man es nur schlecht länger lagern konnte.

Bilder: bö

Sicher ist auf jeden Fall, dass der Schmidmühlener die "Mutter aller Fischzüge" ist, erst ab 1975 ahmten einige andere Gemeinden im Landkreis diese Tradition nach. Und sicher ist auch, dass er am Aschermittwoch wieder um "oans" beim Ochsenwirt beginnt.

Zeremonienmeister Thomas Wagner, der beim Faschingskomitee für den Fischzug zuständig ist, wird streng auf die Einhaltung aller Vorschriften achten - die richtige Kleidung (Frack und Zylinder), das "Billettl" (ein auf den Rücken gezeichneter Fisch) als Symbol der Zugehörigkeit zur Truppe, die korrekte Marschordnung, das Schweigen auf dem Weg zwischen den Wirtshäusern. Fünf Euro Strafe setzt es für Reden, Singen, Pfeifen oder eine andere Ablenkung.

Nachdem so etwa 1000 Schwanzl Fisch und ein halber Zentner Brot verzehrt sind, muss gegen 22 Uhr noch unter Wehklagen und im Schein einer Weihnachtskerze, die durch einen Bierdeckel gedrückt wurde, der Geldbeutel mit einer eigens verfassten Litanei im Kirwabaumloch vergraben werden.

Nur im Landkreis

Die Fischzüge sind (mit Ausnahme von Dietldorf und Oberwildenau) im Landkreis Amberg-Sulzbach einzigartig. Bürgermeister Braun hat lediglich mal zufällig in der Ansbacher Ecke einen Kirwabrauch erlebt, der so ähnlich ablief wie ein Fischzug. Der Bürgermeister ist trotz der starken Konkurrenz "hoffnungsvoll", dass die Aufnahme auf die Unesco-Liste gelingt. Darüber entscheidet die deutsche Unesco-Kommission gegen Ende des Jahres.

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