Beim "Schwandorfer Klavierfrühling 2015" geht es im ersten Seminar um den Vergleich verschiedener Interpretationen der letzten Klaviersonate von Franz Schubert. Er schrieb die Sonate "B-Dur D 960" im September 1828, zwei Monate vor seinem Tod. Organisator Christian Seibert stellt das Werk als größte Sonate des Komponisten vor. Jedenfalls ist sie die umfangreichste und gilt allgemein als die schönste.
Besondere Intensität
Die Pianistin Antje Bauer aus Stuttgart spielt zunächst die ersten beiden Sätze und zeigt auf, dass die schwierige Klanggestaltung des Werks für sie einen Anreiz zu besonders intensiver Interpretation ist. "Vor allem der Anfang des ersten Satzes wird von verschiedenen Interpreten in sehr unterschiedlichem Tempo angegangen", meint Seibert. Einige Anfänge werden per Tonträger vorgeführt, jedoch wird klar, dass keinem Ansatz eine Wertung im Sinne von richtig oder falsch zuzuordnen ist. Der individuelle Musikgeschmack des Hörers entscheidet. Das ist das Ergebnis einer kenntnisreichen Diskussion. Nach der Pause spielt Antje Bauer die ganze Sonate. Abermals wird der unfassbare Reichtum von Melodien hörbar, der diesen Satz prägt. So werden die Anfangsklänge immer wieder in anderen Tonstufen vorgestellt.
Punktuelles Forte
Auch die anderen Themen summen unablässig in Antje Bauers Interpretation, die dem Gesanglichen einen besonderen Wert vermittelt. Verhalten läuft das "Andante" in seiner eher rhythmisch forcierten Haupt-Melodie und dem Legato des Mittelteils ab. Das Scherzo spielte die Pianistin als dahinhuschende Melodien-Reihe. Ein Forte gibt es für sie nur im Trio und dort ist es punktuell. Ebenso lebt der Schlusssatz von klanglich weitgefassten fließenden Tonfiguren, unterbrochen und schließlich beendet von punktierten Rhythmen. So lässt sich die Frage, ob es die richtige Interpretation gibt, nur in der Weise beantworten, dass die richtige Interpretation diejenige ist, die den Zuhörer mitreißt. Und das schafft Antje Bauer tadellos.
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