Die derben Seiten des Dialekts: Schdäibrunzn

Schwandorf
04.01.2018 - 20:00 Uhr

Die derben Seiten des Dialekts: Schdäibrunzn

Aussagekräftige Beschreibung

Schwandorf. (slu) Obwohl der Ausdruck Schdäibrunzn auf den ersten Blick sehr derb oder gar vulgär anmuten mag und nichts für Feinsinnige oder Zartbesaitete ist, so war er doch zu früheren Zeiten ein integraler Bestandteil dialektalen Wortschatzes. Selbst heute noch taucht er hie und da auf, auch wenn das Kleidungsstück, das er bezeichnet, sicherlich nicht mehr sehr häufig getragen wird.

Allenfalls zum Zweck der karnevalistischen Verkleidung mag die eine oder andere weibliche Person dazu greifen, wie es auf der Internetseite "Nostalgica.de" angepriesen wird: "Tolle Unterwäsche aus Omas Zeiten. Weiße Baumwollunterhose Stehbrunzer, praktisch, warm und rauschig. Im Schritt offen!!!!!! Aus flauschigem Baumwollflanell, angerauht. Toll jetzt für die Fasnachtstage oder Nächte."

Dass dieses Wort aber auch schon vormals eher tabuisiert war, zeigt ein Beitrag über das Heimatmuseum Ebern vom 19. September 2013. Dort kann man unter der Überschrift "Die Unterwäsche der Vorfahren" lesen: "Die Ausstellung spart auch das Darunter nicht aus, das mit den Dessous unserer Tage so gar nichts zu tun haben will. Sofern Unterwäsche vor 100 Jahren überhaupt schon bekannt war, sorgten die ,Unaussprechlichen' für Empörung in der konservativen Gesellschaft.

Am besten redete man gar nicht darüber, wenigstens nicht in der Öffentlichkeit. Heute sorgen ,Stehbrunzer' und ,Hinterlader' eher für ungläubiges Schmunzeln. Auf einem der vielsagenden Zettelchen mit kurzen und prägnanten Erklärungen liest man, dass Mann und Frau dereinst ein langes Hemd unter der Oberbekleidung trugen, und zwar ,um diese vor der Verschmutzung durch den ungewaschenen Körper zu schützen'."

Was hier so euphemistisch klingt, hatte in der Realität einen ganz praktischen Nutzen: Damit Bauersfrauen, die bei der Feldarbeit ihre Notdurft erledigen mussten, dies rasch und relativ diskret erledigen konnten, hatten ihre Unterhosen große Aussparungen. Die Tatsache, dass dafür die Bezeichnung "Schdäibrunzn" Verwendung fand, zeugt von einem der Wesensmerkmale des mundartlichen Vokabulars: Es werden die Dinge ungeschminkt beim Namen genannt. Im vorliegenden Fall trifft dies den Nagel auf den Kopf, denn besagter Vorgang fand im Stehen statt, und das als zweiter Bestandteil des Ausdrucks verwendete Tätigkeitswort ist seit dem 15. Jahrhundert bekannt und auch heute noch in der Umgangssprache nicht ungebräuchlich.

Im Nordbairischen heißt es die "Schdäibrunzn" und nicht der "Stehbrunzer", wie Letzteres in den beiden zitierten Beispielen der Fall ist. Die nordbairische Variante ist wohl auf eine Anlehnung an die Unterhose zurückzuführen. Wie dem auch sei, aussagekräftig ist dieses Wort allemal!

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Die Serie im Internet:

www.onetz.de/themen/dialekt

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