Es ist eine allseits bekannte Tatsache, dass die Zahl der aktiv verwendeten Dialektwörter in der heutigen Zeit immer mehr abnimmt. Diese Erscheinung hat vielfältige Gründe. Einer der wesentlichen ist, dass eine Reihe von Bereichen, in denen der Dialekt früher vor allem zu Hause war, in der traditionellen Form immer mehr im Schwinden begriffen sind.
Dies trifft in erster Linie auf die Landwirtschaft zu. Eine vom Oberviechtacher Dialektforum bereits im Jahr 2001 unter 2409 Probanden allen Alters erhobene Umfrage liefert diesbezüglich sehr aussagekräftige Ergebnisse, und zwar sowohl hinsichtlich der Häufigkeit des Gebrauchs mundartlichen Wortschatzes als auch in Bezug auf die entsprechende altersgruppenspezifische Kompetenz. Demnach beherrschen die Angehörigen der Generation unter 20 Jahren nur mehr zwischen 20 und 25 Prozent der althergebrachten typischen dialektalen Ausdrücke.Einer von ihnen, die die wenigsten noch aktiv abrufen können, ist "Biefen". Damit wird ein langgezogener aufgehäufter kleiner Erdhügel bezeichnet, in den vorwiegend Kartoffeln und Rüben gepflanzt werden. Mitunter taucht dafür auch "Biefang" auf. Für jeden, der in der Landwirtschaft tätig ist und war, ist dies ein selbstverständlicher Bestandteil seines Vokabulars. Der Bevölkerung insgesamt ist er jedoch kaum noch geläufig.
Dies gilt noch mehr für "samgogga dou", ein Tätigkeitswort, das "so tun, als ob" bedeutet. Wer kennt beziehungsweise verwendet heute noch diesen Ausdruck? Wie alt er ist, zeigt ein Blick in das Bayerische Wörterbuch des berühmten Dialektologen Johann Andreas Schmeller aus Tirschenreuth, das von 1827 bis 1837 entstand. Wer also in seinem Sprachschatz auch heute noch auf "samgogga dou" zurückgreifen kann, setzt eine Jahrhunderte alte Tradition fort, denn die Tatsache, dass der Ausdruck bei Schmeller auftaucht, beweist, dass er bereits sehr viel früher existierte.
Ein drittes Beispiel, das es wert ist, in diese Auflistung aufgenommen zu werden, ist "nirsam". Seine standardsprachliche Entsprechung lautet "genügsam". In der besagten Umfrage von 2001 war dieses Eigenschaftswort das am wenigsten bekannte.
"Biefen", "samgogga dou" und "nirsam" - drei Belege für eine Entwicklung, die sich in ihrer Rasanz kaum mehr aufhalten lässt. Grund genug also, sich solcher Wörter zu besinnen, sie zu sammeln, für die Nachwelt als ein Stück Sprachgeschichte zu dokumentieren und vor dem endgültigen Vergessen zu bewahren. Jeder Interessierte kann in seinem Ort und seiner Region einen Beitrag dazu leisten. Eine Bezeichnung, die in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht unerwähnt bleiben sollte, ist "Boumertslais". Da sie aber aus mancherlei Gründen noch interessanter ist als die drei behandelten, lohnt es sich, sie im nächsten Beitrag einer eigenen Betrachtung zu unterziehen. Die Serie im Internet:
www.onetz.de/themen/dialekt
Nana - also "nirsam" sieht ja wirklich nur so aus, als ob es ein eigenes Wort wäre. Da scheinen die Forscher die Sprache wenig zu kennen, die sie da untersuchen.
Diese sechs Buchstaben sind nur der Versuch, die fränkisch-bayrische... oder oberpfälzische Aussprache von "genügsam" entsprechend darzustellen: Wenn man "genügsam" ordentlich ländlich ausspricht, dann wird das anlautende g halb verschluckt, das ü wird zum i, oder ia (üa), und unter der Auflösung des nächsten g (vom Gutturalen ins mehr Dentale) tritt als mehr geschriebener "Bremslaut" oder "Umlenkungslaut" ein r vor das s: das r wird als unbetonter Silbenendlaut ja praktisch auch nie durch ein r-Zungenflattern, sondern nur durch das vokalische Abrollen, Ausweichen in RIchtung a (über e) ausgesprochen, bei dem die Zunge höchstens in die Nähe ds Gaumens, in die Nähe eines Flatterns kommt. "Wir" wird auch hochdeutsch "wia"oder "wiä" gesprochen. (oder "wie", nicht zu verwechseln mit dem "echten" "wie", in dem das e nur Dehnungsfunktion hat).
EIn wirkliches "Flatter"-r käme z. B. bei "wirr", oder "wirksam", eben bei betonter Landung.
MfG
Dietmar Schlager