Goggo kaufte man in der 60er Jahren bei Alfred Polke in Neustadt am Kulm. Auch die Eltern von Roland Diesner, Rudolf und Magda, erwarben bei Polke ein Goggomobil, als sie des Motorrads leid waren. Später stiegen sie zum Glas 700 Isar auf, und als sein Vater starb, übernahm der 18-jährige Roland diesen Wagen, tauschte ihn später bei Polke gegen einen Glas 1204 mit vier Zylindern und 60 PS ein. Dann lernte er beim Tanzen praktischerweise die Polke-Tochter Christine kennen und lieben. Das Hochzeitsauto: ein gelber 1300er GT, ein rassiges Coupé mit damals beachtlichen 85 PS.
Trennung mit Reue
Die Familie wuchs, und mit ihr der Platzbedarf. Diesner trennte sich vom Glas und ging für acht Jahre zum Bund, fuhr Opel, Ford und andere. Das gelbe Coupé vergaß er nie. "So einen, wenn ich noch einmal kriegen könnte", erzählte er oft im Bekanntenkreis. Nicht einfach, bei nur ein paar tausend hergestellten Coupés insgesamt. Dann der Anruf eines Freundes: "In Regnitzlosau steht ein Glas Coupé!" Diesner konnte es nicht glauben, fuhr hin und fand in einer Scheune hinter Strohballen ein Wrack. Ein Glas GT zwar, aber ohne Motor, ohne Sitze, völlig marode. Diesner kaufte trotzdem und brachte das gute Teil nach Speichersdorf in die Garage. Dort baute er den Wagen von Grund auf neu auf, zusammen mit seinem Bruder Harald, der gelernter Spengler ist. Viele Teile passten von der etwas häufiger gebauten Limousine, andere Teile besorgten die Brüder über den rasch wachsenden Bekanntenkreis Gleichgesinnter. Aus drei Motoren machten sie zum Beispiel einen; Hilfe kam auch vom Glas-Club Deutschland oder von Ersatzteilhändlern. Kurzum: Die Restauration des Wagens dauerte 13 Jahre, von 1978 bis 1991. Jetzt erstrahlt das wunderschöne Coupé in hellem Rot und ist der Star jedes Oldtimer-Treffens (wenn nicht der Bruder mit dabei ist, denn der hat inzwischen auch zwei GT).
Reinsetzen, Anlassen, Fahren. Der Vierzylinder klingt kernig, nimmt nach einer bockigen Warmlaufphase willig Gas an und stürmt sportlich nach vorne. 100 PS bei einem Leergewicht von 890 Kilogramm lügen nicht. Laut Brief macht der Wagen 183 Spitze. Das dünne Dreispeichen-Lenkrad, die Sportsitze ohne jeden Seitenhalt, die Armada von Rundinstrumenten vermitteln, was in den 60er Jahren als sportlich galt. Lenk- oder Bremskraftunterstützung? Fehlanzeige.
Technische Finessen
Diesners Coupé ist Baujahr 1967 und hat 153 000 Kilometer auf der Uhr. Die Besonderheiten des Glas waren neben dem (heute üblichen) Zahnriemenantrieb für die Nockenwelle der doppelte Fallstromvergaser mit separater Schwimmerkammer. Diesner: "An diesem Auto gibt es keine Schraube, die ich nicht in der Hand gehabt habe." Er schätzt den Wert seines Wagens, mit dem er im Jahr 500 bis 1000 Kilometer - meist zu Treffen - fährt, auf 20 000 bis 25 000 Euro. Ein rein theoretischer Preis. Hergeben wird er ihn nicht mehr, seinen Glas.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.