Besucht man die Green Valley Ranch in Schwand bei Parkstein fühlt man sich ins Nordamerika der 1860er Jahre versetzt – genauer: in den Wilden Westen der Cowboys. Hier arbeitet, übt und reitet Johannes Hasenauer. Unter dem Namen "Hensn" kennen die meisten den 41-jährigen gebürtigen Österreicher. Knapp einen Monat ist es her, dass "Hensn" bei der jährlichen Europameisterschaft im Westernreiten im Oberpfälzer Kreuth teilnahm – und ablieferte. Mit einer Goldmedaille kam er am 12. August nach Hause. "'Custom Nic' – oder wie wir ihn nennen 'Stevie' – war von Anfang an sehr vielversprechend", sagt Hasenauer über das Pferd, mit dem er gewann. Stevies Besitzer und Züchter Torsten Tiermann machte den Vorschlag, zur Europameisterschaft anzutreten. "Dann haben wir den Versuch gewagt. Das Pferd hat den Vorlauf schon gewonnen und dann im Finale Gott sei Dank nochmal abgeliefert."
Mit Stiefel und Hut – wie Cowboys
Westernreiten kommt aus Amerika. Ursprünglich war es eine Arbeitsreitweise der Cowboys, also der Viehhirten, und hat sich im Laufe der Entwicklung als Turnierdisziplin immer mehr spezialisiert. "Wir sind nicht so adrett gekleidet wie beim klassischen Reiten, sondern sind etwas legerer als Dressur- oder Springreiter", sagt "Hensn". "Wir reiten mit Westernstiefeln, Hemd und Hut." Das sind die Vorschriften. "Mehr oder weniger als Cowboy kostümiert." Der Westernsattel hat nach wie vor noch das Sattelhorn am Sattel, wo früher das Lasso angebracht war. Für die Teilnahme am Turnier ist es Pflicht, dass es immer noch so wie damals aussieht.
Hasenauers Spezialdisziplin ist die Reining. Der Begriff Reining leitet sich von dem englischen Begriff "rein" - "Zügel" - ab. In dieser Disziplin hat der Reiter aus Schwand die Goldmedaille nach Hause geholt.
Für die Reining ist ein besonders bewegliches, athletisches und gehorsames Pferd nötig. Es wird ausschließlich im Galopp geritten. Elemente dieser Prüfung, wie der Sliding Stop oder der Spin sehen spektakulär aus und ziehen auch nicht westernkundige in ihren Bann.
"Western ist was cooles"
Hasenauer ist mit Pferden groß geworden. Als kleiner Junge zog er mit seiner Familie in Österreich auf einen Bauernhof. In einer Zeitschrift hatte er die ersten Fotos vom Westernreiten gesehen. "Die Reiter sahen aus wie Cowboys", sagt der Pferdetrainer und Pferdeausbilder. "Mit Cowboyhut und Chaps." Chaps sind lederne Beinkleider, die Beine und Hosen schützen sollen. "Das war mal was anderes. Western ist ja was cooles." Die Liebe zum Western hielt an. "Hensn" ritt seine ersten Turniere mit 15 oder 16 Jahren. Zum Großteil seien diese gut gelaufen. "So gut, dass ich da hängen geblieben bin und das weiter vertiefen wollte."
Zusammen mit seiner Frau Isabella und der 6-jährigen Tochter Lorena zog der Österreicher Ende 2019 in die Oberpfalz. Die Green Valley Ranch der Familie Zimmerer in Schwand hat sich als perfekt erwiesen, um Pferde optimal trainieren zu können. Hans und Karolin Zimmerer hatten dort schon vor rund 30 Jahren eine Reithalle und gebaut. Später kam eine selbstgebaute kleine Trailhalle mit der Fassade einer Westernstadt dazu. Dort wird ein Pferd so weit ausgebildet, bis man es sich auf Turnieren vorstellen kann. Täglich übt Hasenauer dafür das Westernreiten, von morgens bis abends und sieben Tage in der Woche. "Wenn man diesen Beruf ausübt, dann macht man es aus Leidenschaft", sagt er. Man bringe viele Opfer. Andere Hobbys und auch Zeit mit der Familie blieben oft auf der Strecke, "auch weil man wegen der Turniere viel auf Tour ist".
Geduld beim Reiten
Mittlerweile gibt es in der Region eine ziemlich hohe Dichte an Trainern, die das Westernreiten lehren. Und sitzt da Hasenauers Tochter auch schon dauf dem Pferd? "Ich habe ständig Angst, dass sie runterfällt. Ich bin ja selber oft unfreiwillig abgestiegen", sagt der Reitprofi. "Ich kann sie, wenn sie auf dem Pferd sitzt, nicht loslassen."
Was jeder, der das Westernreiten lernen möchte, laut "Hensn" mitbringen sollte, ist Spaß und Geduld: "Man lernt das Reiten nicht über Nacht." Besonders Spaß mache ihm die Pferdeausbildung. Man müsse sich mit den körperlichen Details auseinandersetzen, die Biomechanik verstehen. Verstehen, wie ein Pferd denkt, wie ein Pferd agiert. "Du hast einen langen Prozess, in dem du dich und dein Pferd ziemlich gut im Blick haben solltest", sagt der Europameister. "Diese eineinhalb Jahre Training mit Stevie, sind das, was es beim Turnier ausmacht."
Westernreiten
- Reitweise, die sich an die Arbeitsreitweise der Cowboys anlehnt.
- Ursprung liegt in Amerika.
- Pferde sollten charakteristisch eine besonders gelassene und arbeitswillige Art haben.
- Rassen wie Paint Horse, Quarter Horse oder Appaloosa sind vom Körperbau und Charakter perfekt für die Disziplin geeignet.
- Die Ausrüstung des Reiters besteht typischerweise aus Cowboyboots, Chaps und einem Cowboyhut.
- Die einhändige Zügelführung ist ein Unterschied zu anderen Reitweisen.
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