Trainer John Moore überzeugt über 300 Tierfreunde - Konsequenz und Streicheleinheiten: Pferdeflüstern mit Gefühl und Geduld

Tirschenreuth
05.04.2005 - 00:00 Uhr

"Das ist der Wahnsinn!" "Irre, wie der das macht", raunen sich zwei junge Frauen zu. Keinen Moment lang lassen sie den Amerikaner und die dreijährige Stute Cassa aus den Augen. Über drei Stunden lang demonstrierte der "Pferdeflüsterer" John Moore am Sonntag, wie man Pferden gefühlvoll die Ängste nimmt.

"Pferde sind Fluchttiere: sie sind schreckhaft, neigen zur Panik, haben Angst vor engen Räumen und allem Neuen", erklärt Moore den gut 300 Zuschauern in der Reithalle der Familie Stumpf in Lohnsitz. Jeder, der versucht, ein junges Pferd das erste Mal in einen Hänger zu locken oder ihm das Zaumzeug über die Ohren zu streifen, kann ein Lied davon singen. Was also ist zu tun?

In Jeans, rotem Hemd und nur mit hellbraunen Lederhandschuhen ausgerüstet steht der Mann aus Colorado in der Mitte der Halle. An einem Strick hält er locker die braune Stute. Immer wieder, während er so erzählt, streichelt er dem Pferd über den Rücken und die Seiten. Rechts, links, dann wieder rechts.

Beidseitig ansprechen

"Es ist ganz wichtig, immer die beiden Körperhälften anzusprechen, sonst wird das Pferd einseitig", betont Moore. Das heißt, es reagiert auf Sinnesreize von rechts ganz anders als auf Reize von links. Wie zwei ganz verschiedene Pferde. Auch bei Cassa wird diese Einseitigkeit deutlich: Immer wieder versucht sie Moore mit dem linken Auge sehen zu können und läuft rechts an ihm vorbei.

Drei Dinge stehen ganz oben bei der Arbeit als Pferdetrainer. Erstens, Pferd und Mensch brauchen eine Beziehung. Die Hierarchie muss ganz klar sein. Der Mensch steht in der Rangordnung über dem Pferd und ist "konsequent, fair und stark - ohne jedoch herrisch zu sein". Die Beziehung braucht Vertrauen und Respekt. Zweitens: Man dürfe das Pferd nie zu etwas zwingen, sondern müsse es langsam "überzeugen". Doch genauso wichtig sei der ständige Wechsel zwischen Druck und Entspannung. Gerd Spindler, ebenfalls Pferdetrainer, übersetzt die englischen Erklärungen.

Das Wort "Pferdeflüsterer" klingt glamourös. Dahinter steckt jedoch kein Magier des schnellen Spektakels, sondern ernsthafte und konsequente Arbeit mit dem Pferd. Schritt für Schritt werden die Zuschauer Zeugen verschiedener Lernprozesse.

Druck und Entspannung

Immer wieder wirft Moore einen Strick neben das Pferd. Mal rechts, mal links. Cassa erschrickt, weicht zur Seite, wirft den Kopf nach oben, schnaubt. Zwischen den Würfen streift Moore der Stute wieder zärtlich über das Fell und gönnt ihr eine Pause. Druck und Entspannung. Tatsächlich, nach etwa 20 Würfen ist die Stute deutlich ruhiger und reagiert nicht mehr verstört auf das fliegende Seil. Seit über 20 Jahren arbeitet der Amerikaner hauptberuflich als Pferdetrainer in Europa und den USA. Schon sein Vater trainierte in Colorado Pferde und Reiter. Doch er vermittle hier nicht Cowboy-Wissen, betont Moore, sondern jahrhundertalte Erfahrungen aus Mexiko, Spanien, West- und Ostamerika.

Genauso wie beim Menschen, Mann und Frau, unterschieden sich auch Hengste und Stuten. "Die Stuten wollen eine stärkere und intensivere Beziehung. Und wenn sie dich mögen, geben sie dir alles, aber wenn nicht, kämpfen sie viel härter gegen dich als Hengste oder Wallache", meint der "Pferdeflüsterer".

"Pferdedecken beißen"

"Nur wenn man Angst auslösende Situationen immer wieder wiederholt und so zeigt, dass kein Grund zu Panik besteht, kann das Pferd sich daran gewöhnen", fasst Moore zusammen. Das gleiche Spiel wie mit dem Seil wiederholt der Pferdetrainer mit einer auf dem Boden ausgebreiteten Decke. Sein Ziel ist es, dass Cassa über die Decke läuft. "Pferdedecken beißen", kommentiert Moore die Ausweichmanöver Cassas, als er sie näher zur Decke laufen lässt und lacht. Immer wieder lässt er die Stute von rechts, links an die Decke heran laufen, lässt sie an ihr riechen.

Dann hängt sich Moore die Decke wie einen Poncho über die Schultern, und reibt Cassa damit über das Fell. Schließlich breitet er die Decke wieder aus. Und endlich wagt es die Stute, einen Huf auf die blaue Decke zu setzen. Einen Moment scheint es, als wolle sie über die Decke laufen, doch dann setzt sie doch noch zum Pferdchensprung an und überwindet die "beißende" Decke ohne weiteren Körperkontakt. "Üben, üben, üben, dann wird es klappen", ist sich Moore sicher.

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