Am 3. März um 17 Uhr ordiniert Regionalbischof Dr. Hans-Martin Weiss die 37-jährige Pfarrerin im Probedienst in der Erlöserkirche in Tirschenreuth zum geistlichen Amt. Das sei in etwa das Äquivalent zur katholischen Priesterweihe, erklärt Schön. Die Pfarrerin betreut künftig die Gemeinden Tirschenreuth und Waldsassen, denen etwa 1700 Gemeindemitglieder angehören, von denen rund 70 Prozent in Tirschenreuth leben. Beide Gemeinden kooperieren seit ein paar Jahren bereits eng. Stefanie Schön sagt, dass sie künftig in beiden Städten regelmäßig vor Ort sein werde. Das betreffe Gottesdienste genauso wie administrative Aufgaben.
Doktorarbeit in Norwegen
Seit März vergangenen Jahres darf sie sich Doktorin der Theologie nennen. Promoviert hat sie in Norwegen an der Universität Oslo, am Institut für Gender-Wissenschaften. In ihrer Arbeit geht es um die Auslegungsgeschichte eines biblischen Textes aus wissenschaftlich-theoretischer Sicht. An dessen Beispiel erklärt sie das Konzept Kanon.
Stefanie Schön stammt aus Wildenreuth, das zum Großteil evangelisch ist. "Quasi das gallische Dorf, inmitten einer katholischen Region", scherzt sie. Schon in jungen Jahren ist sie begeistert von den Kindergottesdiensten und den Unternehmungen mit der Jungschar. "Das war prägend. Ich stamme aus einer Familie, die jetzt nicht übertrieben christlich ist. Die Schöns, die sich lückenlos bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen lassen, sind immer katholisch gewesen. Meine Mutter war die Erste evangelischen Glaubens darin."
Stefanie Schön findet Bibeltexte schon immer spannend. "Ich spürte immer so etwas wie eine Berufung, nur fehlte es mir leider an weiblichen Vorbildern im Pfarrberuf. Daher fiel es mir anfangs schwer, mich tatsächlich für diesen Weg zu entscheiden." Ihrer führt zunächst in eine andere Richtung. Nach dem Abitur im Jahr 2000 am Stiftland-Gymnasium studiert sie zunächst Lehramt für Germanistik und Geschichte in Regensburg. Nach zwei Semestern kehrt sie um. Theologie studieren und eines Tages Pfarrerin sein, dieser Gedanke lässt sie nicht mehr los.
Sie ist 20, als sie nach Prag geht. Dort lernt sie Tschechisch und arbeitet mit Schulklassen. In der deutschen Auslandsgemeinde lernt sie mit Anne Lungova zum ersten Mal eine Pfarrerin kennen. "Sie war es, die mir die Entscheidung letztendlich leicht gemacht hat", sagt Schön. "Sie hat mich ermutigt und ich wusste plötzlich, das passt zu mir. Feuer gefangen habe ich aber schon bei der Jugendarbeit zu Hause, etwa beim Plößberger Zeltlager. Ich habe tolle Pfarrer kennengelernt, an spannenden Gesprächen über den Glauben teilgenommen und gemerkt, dass die Leute mit beiden Beinen im Leben stehen. Das waren echte Vorbilder für mich, auch deshalb, weil man als Pfarrer immer gleichzeitig Seelsorger und Lehrer ist."
Sechs Sprachen
2003 ist es dann so weit. "Ich habe mich von Tschechien aus an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau bei Ansbach eingeschrieben. Wir waren um die 30 Leute aus ganz Bayern, zur Hälfe Männlein und Weiblein." Die Regelstudienzeit umfasst zwölf Semester. Dazu kommen noch drei Semester, in denen die Studierenden Sprachen pauken müssen. Hebräisch, Altgriechisch und Latein sind da gefordert. Darüberhinaus spricht Stefanie Schön Englisch - ihre Doktorarbeit ist in dieser Sprache verfasst - sowie Norwegisch und Tschechisch. Ein "Fullbright-Stipendium" führt sie für ein Jahr ans "Union Theological Seminary" in New York. Dort lehrten schon Dietrich Bonhoeffer, Dorothee Sölle und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. In Manhattan, direkt am Broadway, schreibt sie ihre Masterarbeit. Und am Broadway spielt sie auch Theater. Nein - nicht in den angesagten Häusern dort - sondern an der Schule.
Vikariat in Nürnberg
Als ihr jetzt sechsjähriger Sohn Ilija zur Welt kommt, verbringt sie die Elternzeit zu Hause in Wildenreuth. Seit September 2015 absolviert Stefanie Schön in der Reformations-Gedächtnis-Kirche in Nürnberg ihr Vikariat. "Grundsätzlich kann man sich auf vakante Pfarrstellen bewerben. Als Berufsanfänger wird man aber an die erste Stelle entsandt. Ich habe mich im Rahmen des Möglichen für diese Stelle eingesetzt, weil ich wieder zurück wollte in die Heimat."
Ins Pfarrhaus kann die neue Pfarrerin erst nach dessen Renovierung einziehen. Dafür laufen momentan die Ausschreibungen. Bis es soweit ist - Stefanie Schön geht von Sommer bis spätestens Herbst aus - ist sie in Tirschenreuth eingemietet. In dem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass während der Renovierungsarbeiten im Pfarrhaus das Pfarrbüro zu den üblichen Zeiten geöffnet ist.
Besonders wichtig ist für die Berufsanfängerin die Ökumene. "Der Kontakt mit den katholischen Kollegen und Gemeindemitgliedern ist immer eine Bereicherung. Ich bin jemand, der über den Tellerrand hinausschaut, egal ob es sich um Konfessions- oder um Landesgrenzen handelt." Deshalb will sie auch die Partnerschaft mit Marienbad wieder aufleben lassen, "die in letzter Zeit ein bisschen eingeschlafen ist".
Im Pfarramt steckt auch ein Stück weit eine Behörde. "Da ist man zugleich Pfarrerin und Geschäftsführerin in einer Person." Verwaltung ist aber nicht Teil der Ausbildung, weshalb Schön bereits im April einen Pfarramtsführungskurs belegt. Während der ersten drei Jahre ist sie Pfarrerin im Probedienst. In dieser Zeit sind immer wieder Fortbildungen angesagt. In ihrem Ausbildungsjahrgang ist sie die Einzige, die noch einen Kindergarten hat.
Ideen im Gepäck
Die neue Pfarrerin sagt: "Natürlich habe ich Ideen im Gepäck. Ich komme aber nicht mit einem fertigen Konzept daher. Aber Dinge werden sich ändern. Wir müssen gemeinsam schauen, was die Gemeinden wirklich brauchen. Ich bin ein Freund von alternativen Gottesdiensten, mag dabei freiere Formen. Aber das muss alles erst aus der Arbeit herauswachsen. Auch kreative Bibel-Workshops finde ich spannend."
Nicht mausgrau und voller Elan
Begegnet man Stefanie Schön auf der Straße, vermutet man kaum, dass sie Pfarrerin ist. Sie kommt recht weltlich daher, trägt Jeans und färbt sich die Haare rot. "Freilich gibt es Leute mit der Einstellung, dass ein Pfarrer eher die graue Maus sein muss. Aber unsere Religion ist doch lebensbejahend und wir haben als ihre Diener eine frohe Botschaft zu verkünden. Diesen Aspekt will ich leben, auch in Äußerlichkeiten", erklärt die Pfarrerin. Heutzutage sei aber alles viel lockerer. Es gebe da keinerlei Vorschriften, lediglich einige Leitlinien. Die Lebensführung sollte sich natürlich schon mit der Botschaft decken, das Auftreten einen Pfarrer als solchen erkennbar werden lassen. Das gehe aber nicht bis zu detaillierten Kleidervorschriften. Während ihrer Auslandsaufenthalte hat sie ihren Oberpfälzer Dialekt nicht verlernt. "Den will und werde ich auch nicht verstecken", sagt sie. Skifahren, alpin und nordisch, Radfahren und Wandern sind die Hobbys der neuen Tirschenreuther Pfarrerin. Und sie spielt leidenschaftlich gerne Theater, hat einst in Wildenreuth das Bauerntheater mitgegründet und hat, wie bereits erwähnt, "Broadway-Erfahrung". (tr)
Ich habe mich im Rahmen des Möglichen für diese Stelle eingesetzt, weil ich zurück wollte in die Heimat.Pfarrerin Dr. Stefanie Schön
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