Eine merkwürdige Rolle spielte dabei der damalige Prior des Klosters Wolfgang Rüger, der im August und September 1556 selbstherrlich "allbereits christliche Änderung fürgenommen" hatte. Rüger wurde nun Pfarrverweser in Tirschenreuth und später Pfarrer in Wondreb. Einige der Mönche waren 1556 zur neuen Lehre übergetreten und bezogen Pfarrstellen im Stiftland, die anderen hatten sich zerstreut. So hatte das ruhmreiche Kloster um 1560 ein unrühmliches Ende genommen.
Calvinistische Lehre
Aufgrund des Augsburger Religionsfriedens von 1555 konnte nun der jeweilige Landesherr die Religion seiner Untertanen bestimmen - nach dem Grundsatz "Cujus regio, ejus religio". Dies führte dazu, dass im Stiftland nach dem Tod von Kurfürst Ottheinrich 1559 sein Nachfolger Friedrich III. und seine Beamten allmählich das calvinische Bekenntnis einzuführen begannen. 1571 hatte dann der letzte Administrator Reichard von Simmern abgedankt und das Stiftland fiel nun vollends an die Kurpfalz. Als Kurfürst Friedrich III. 1576 verstarb, trat nun sein Sohn Ludwig VI. - genannt der Milde - die Regierung der Kurpfalz an und leitete sogleich die Wiederherstellung des lutherischen Bekenntnisses in die Wege. Die kalvinischen Prädikanten mussten jedoch "widerrufen" und wurden dann meist "übernommen". Doch währte dieser Status nicht lange, da der Kurfürst schon 1583 verstorben ist und vom Vormund des jungen Nachfolgers nun wieder die calvinische Lehre eingeführt wurde.
Diese Haltung verstärkte sich 1592, was dazu führte, dass man sich in Tirschenreuth entschieden gegen eine Verschärfung des Kalvinismus aussprach und schließlich der Stiftshauptmann Valentin Winsheim bei einem Aufruhr im Februar 1592 von den Bürgern in Tirschenreuth erschlagen wurde. So hatte die Reformation im Stiftland eine blutige Auswirkung genommen. Eine neue Konstellation ergab sich 1595, als Christian von Anhalt zum neuen Statthalter der Oberpfalz aufstieg; er brachte schließlich 1613 die calvinischen Gebrüder David, Daniel und Elias Geisel dazu, ihre Niederlassung von Tirschenreuth nach Waldsassen zu verlegen, um hier eine neue Tuchmachersiedlung aufzubauen, was schließlich ab 1614 unter großen Mühen auch gelang.
Der heutige Friedhof
Somit bildete diese Ansiedlung letztlich die Grundlage für die Entstehung und Entwicklung des späteren Marktes Waldsassen. Im Frühjahr1620 entstand dabei auch der neue, heutige Friedhof an der Egerer Straße. Doch ging die Reformation schon nach wenigen Jahren damit zu Ende, dass Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz als sogenannter "Winterkönig" 1620 die Schlacht am Weißen Berg verlor und flüchten musste.
So kam die Oberpfalz und damit auch das Stiftland an Kur-Bayern und Herzog Maximilian - der nun auch Kurfürst wurde - sorgte ab 1624 dafür, dass nun Jesuiten-Patres im Stiftland einzogen, um die Bevölkerung im Rahmen der Rekatholisierung zum angestammten katholischen Glauben zurückzuführen. Die Gebrüder Geisel zogen es aber vor, bei ihrem Glauben zu bleiben und auszuwandern.
Erst um 1830 bildete sich im Stiftland wieder eine kleine, evangelische Kirchengemeinde. 1861 wurden in Waldsassen ein Betsaal und eine evangelische Schule. Später entstanden auch in Tirschenreuth und in Mitterteich evangelische Kirchengemeinden. (Info-Kasten)
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