Weiden/München. Irgendwann Ende 2013, Anfang 2014 sollen sich mehrere junge Männer in Altenstadt getroffen haben. Sie unterhalten sich zunächst auf der Straße, wegen der Sorge abgehört zu werden. Dann sprechen sie in einer Wohnung weiter. Ihr Thema ist der vermeintlich "Heilige Krieg" in Syrien. Sie sehen ein Video über den tschetschenischen Milizen-Führer Muslim Al-Shishani. Fatih K. hat das Video mitgebracht. Der heute 36-Jährige war zuvor selbst in Syrien, bei eben jenem Al-Shishani und dessen dschihadistscher Miliz "Junud al-Sham" ("Soldaten Syrien").
Von dieser Reise erzählt Fatih K. an diesem Abend, davon erzählte er offenbar auch bei anderer Gelegenheit. Der Krieg in Syrien, die vermeintliche Pflicht für Muslime, dort aufseiten der Dschihadisten zu kämpfen, war häufiger ein Thema unter den Weidener Salafisten, berichtet Irfan Peci am Mittwoch im Oberlandesgericht.
Einer tot, einer gilt als verschollen
Zwei der fünf jungen Männer die aus Weiden und Neustadt in den vermeintlich "Heiligen Krieg" gezogen sind, stehen seit Ende März wegen Unterstützung einer Terrorgruppe im Ausland in München vor Gericht. Fatih K. und der mitangeklagte Abdullah K. gehören wie die übrigen zum Umfeld des Islamischen Zentrums. Ein Dschihadist aus Neustadt, Mehmet C, ist tot, einer aus Weiden gilt als verschollen und der Dritte soll in der Türkei leben. Alle fünf sind verwandt oder verschwägert.
Von der "Weidener Szene", wie die hiesigen Salafisten am vierten Verhandlungstag im Verfahren in München genannt werden, von den Anfängen und von den Verbindungen erzählt Peci. Der 29-Jährige steht selbst mit am Anfang. Das hat er in seinem 2015 erschienen Buch "Der Dschihadist. Terror Made in Germany - Bericht aus einer Dunklen Welt" erstmals öffentlich gemacht und davon spricht er nun vor Gericht. Es fällt sogar das Wort Verantwortung.
Gleichgesinnte in Weiden
Peci berichtet wie er die Idee des gewaltbereiten Salafismus aus Serbien mitgebracht hat. In Weiden fand er Gleichgesinnte, darunter der Vater und Stiefvater zweier junger Männer die nach Syrien gereist sind. Einer steht nun vor Gericht, der andere ist tot. Peci berichtet von der Fahrt der Weidener nach Nürnberg, um Denis Cuspert und Mohammed Mahmud zu treffen. Darunter zwei Salafisten, die noch heute ein wichtige Rolle im Islamischen Zentrum spielen. Denis Cuspert wurde zuletzt international als IS-Terrorist gesucht. Er soll seit Januar tot sein. Mohammed Mahmud machte als "Schlächter von Palmyra" Schlagzeilen.
Beide waren 2012, als ihre Gruppe "Millatu Ibrahim" ("Gemeinschaft Abrahams") hierzulande verboten worden war, nach Ägypten ausgereist. Dorthin war nicht nur Mehmet C. sondern, wie Peci nun berichtet, auch Ertugrul und Yunus D,, die Brüder aus Weiden gegangen: zum Arabisch- und Koran-Studium. Wenig später tauchten alle Salafisten in Syrien bei "Junud al-Sham" auf. Cuspert wechselte bald zur Terrormiliz IS, andere folgten ihm. Mehmet C. blieb bei "Junud al-Sham". Ertugrul und Yunus D. sollen beim IS gewesen sein. So die Akten, die der Vorsitzende Richter Manfred Dauster zitiert.
Treffen mit "Schlüsselfigur" in Wien
Peci erzählt auch vom Zwischenstopp der beiden Angeklagten auf ihrer Reise nach Syrien. Dort besuchten Fatik K. und Abdullah K. die Weidener Salafisten. Auf dem Hinweg in Wien trafen sie die "Schlüsselfigur des IS in Österreich" Ebu Tejma. Der Prediger ist vor zwei Jahren zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Verfahren in München läuft noch.
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