Die oberfränkische Grünen-Politikerin und Umweltaktivistin wehrt sich seit Jahren gegen internationale Energieprojekte, unter anderem gegen die Stromtrassen. Dabei argumentiert sie nicht nur umweltethisch, sondern auch aus juristischer Sicht. "Die Projekte des Netzentwicklungsplans haben keine rechtliche Grundlage", erklärt Artmann am Mittwochabend.
Die Aktivistin stützt sich auf die Aarhus-Konvention, ein Übereinkommen der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE), die 1998 in der dänischen Stadt Aarhus von 46 Nationen, darunter alle EU-Staaten, unterzeichnet wurde. Dabei gehe es um das Recht auf Information, auf Beteiligung und auf den Zugang zu Gerichten. Und zwar, wenn alle Optionen noch offen sind - das heiße also, von Anfang an.
Zugang zu Gerichten
"Spätestens seit dem 15. Januar 2007 ist die Konvention in Deutschland gültig." Auch in der Trassen-Frage werde dieses Recht den Bürgern nicht gewährt. "Die Klage wurde schon formuliert und wird demnächst eingereicht."
Welche Bedeutung die Konvention hat, hat Artmann mit der Klage gegen den Ausbau des tschechischen Kernkraftwerks Temelin bewiesen. "Ich habe vor der UNO gewonnen. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren muss nach einer Gesetzesanpassung neu aufgenommen werden. Sonst sind die Projekte staatliche Schwarzbauten."
Europarecht missachtet
Auch die Stromtrassen wären dann davon betroffen, wenn die aktuelle Gesetzeslage nicht der Konvention angepasst werde. Artmann gibt zu bedenken: "Deutschland missachtet konsequent europäisches Recht. Eine ganze Reihe von Großprojekten werden auf den Prüfstand kommen." Die Initiative fordere daher ein Planungsmoratorium, bevor es zu teuren Fehlinvestitionen komme. "Den Abriss müssen dann Stromkunden und Steuerzahler teuer bezahlen."
Brigitte Artman wendet sich auch an Menschen, die von einer Enteignung zugunsten des Stromtrassenbaus betroffen sein könnten. "Bisher können natürliche Personen nicht klagen. Jedoch schreibt die Aarhus-Konvention das Recht auf Information, Beteiligung und Zugang zu Gerichten vor." Selbst wenn die Fristen in Deutschland bereits abgelaufen seien: "Vor der Aarhus-Konvention gibt es keine Fristen."
Die Umweltaktivistin weist zudem aktuell auf eine Ungereimtheit hin - auf eine viergliedrige Richtlinie vom 27. März 1984, die bayernweit als Rechtsgrundlage für die Durchführung von Raumordnungsverfahren und landesplanerische Abstimmung herangezogen worden sei. "Und jetzt wird's interessant: Am 31. August 2016 ist der vierte Punkt auf der Seite der Landesregierung verschwunden. Stattdessen: Das angeforderte Dokument ist nicht mehr vorhanden."
Teurer Vorstoß
"Das Bundesumweltministerium weiß, dass es etwas falsch gemacht hat", stellt sie fest. Man habe aus Belin ausrichten lassen, man werde die in der Stellungnahme aufgelisteten Rechtsverstöße erst umsetzen, wenn die Klage der Initiative vor der UN in Genf erfolgreich gewesen sei.
"Man hat uns außerdem wissen lassen, dass man unseren Vorstoß begrüße. Dieser Vorstoß kostet allerdings 60 000 Euro." Deswegen sei neben Aufklärung im Augenblick ein wichtiger Teil der Arbeit der Initiative, die Mittel für die Klage über Spenden zu beschaffen.
Die Projekte des Netzentwicklungsplans haben keine rechtliche Grundlage.Brigitte Artmann, Grünen-Politikerin und Umweltaktivistin
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