(ca) Die Simultan-Übersetzungsanlage versagt. Vielleicht liegt's an dem Dutzend Laptops der Verteidiger. Der Empfang der Headsets ist gestört. Um 11.20 Uhr beendet Landgerichtspräsident Walter Leupold den Sitzungstag. Er bildet mit den Richtern Matthias Bauer, Dr. Marco Heß und zwei Schöffen die Kammer. Fortsetzung ist am Freitag. Aber auch dann ohne Zeugen. Am Mittwoch wurde noch nicht einmal die Anklageschrift durch Staatsanwalt Christian Härtl verlesen. Zu viele Wünsche und Anträge hatten die Verteidiger aus der ganzen Republik parat.
Auch bis 11.20 Uhr wird dreimal unterbrochen. Erst erfolgt eine Umbaupause. Verteidiger Raphael Brugger aus Köln passt die Sitzordnung nicht. Die Angeklagten sitzen in der ersten Reihe, die Riege der Anwälte ist dahinter platziert. "Wie soll ich mit meinem Mandanten sprechen?" Nächster Streitpunkt: Fußfesseln. Leupold sieht Fluchtgefahr. Der Anwalt will dazu einen Beschluss. Am Ende fordert Verteidiger Jörg Sodan die Einstellung des Verfahrens überhaupt. Ihm sind Geschleuste zu wenig "konkretisiert". Bei manchen kennt man nur die Vornamen.
So werden am Ende gerade mal die Personalien der fünf Männer aufgenommen. Aber auch das machen sie nicht persönlich, sondern lassen - bis auf Umar T. (29) - ihre Verteidiger für sich sprechen. Das lässt tief blicken, was den weiteren Verlauf des Verfahrens angeht. Hier sitzt die Mauer des Schweigens.
Es wird auf die Zeugen ankommen, und die sind reichlich geladen. 58 Zeugen sind für die bisher 18 Verhandlungstage bis März vorgesehen, die ersten für 8. Januar. Darunter sind Bundespolizisten aus der ganzen Republik. Am Mittwoch hatte schon der Techniker der Münchner Inspektion für Kriminalitätsbekämpfung sein Equipment ausgepackt. Er sollte die abgehörten Telefonate der mutmaßlichen Schleuser einspielen. Er konnte wieder heimfahren.
Grosny, Warschau, Berlin
Aus Ermittlerkreisen stammt die Bezeichnung "die fünf Bärtigen". Auf Vier trifft das zu. Der Fünfte und Jüngste, Ruslan M. (28), ist zumindest schlecht rasiert. Vier der Angeklagten sind junge, kräftige Kerle, bis auf einen alle verheiratet, teils mit Kindern. Ihre letzten Wohnadressen geben drei Männer im Großraum Berlin an, einer in Warschau, der Fünfte in Grosny.
Sie sind in Tschetschenien, einer in Inguschetien, geboren. Länder, die nach wie vor nicht selbstständig sind, sondern Teil der Russischen Föderation. Darin liegt der Grund, warum ihre Landsleute in Massen das Land verlassen wollten. 175 Menschen, überwiegend Familien mit Kindern, sollen diese fünf Männer bei ihrer illegalen Einreise in die Bundesrepublik verholfen haben. Ein Teil der angeklagten 29 Fahrten führte über die A 6 bei Waidhaus.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.