Club-Coach bei Oberpfalz-Medien über Fans, Stürmer und kleine Tragiken: Köllner und das Blut im Schuh

Weiden in der Oberpfalz
30.06.2017 - 21:42 Uhr

Michael Köllner ist ein unkomplizierter Mensch. Der Trainer des 1. FC Nürnberg nahm sich am Freitagnachmittag eine Stunde Zeit und plauderte in unserem Medienhaus in Weiden locker mit Club-Anhängern aus der Region. Fan-Verhalten, Stürmer und Erras - kaum ein Thema blieb aus.

Michael Köllner hatte viel Spaß mit den Fans. Bild: Eger

Den Club-Fan gibt es überall: In Immenreuth, in Mitterteich, in Tirschenreuth, in Amberg, Hirschau und Oberviechtach. Na klar, auch in Vilseck, Irchenrieth oder Moosbach Oberpfälzer Fanclubs des Zweitligisten 1. FC Nürnberg gibt es zuhauf. Am Freitag diskutierten einige Anhänger im Verlagshaus der Oberpfalz-Medien in Weiden mit einem besonderen Gast: Cheftrainer Michael Köllner war zu Besuch. Und der Stiftländer (Fuchsmühl) ließ kaum ein Thema aus. Ein kleiner Auszug der Fragen und Antworten.

Steht die Mannschaft für die Saison, oder wer kommt noch?

Michael Köllner: Wir haben noch zwei Schüsse frei, einen Stürmer und einen Innenverteidiger. Diese Schüsse sollten sitzen. Wir lassen uns bewusst Zeit.

Welches Anforderungsprofil muss der neue Stürmer haben?

Wir brauchen einen laufstarken Stürmer, der das Pressing einleiten kann. Das war das Anforderungsprofil. Wir können keinen Stürmer verpflichten, der pro Saison 20 Tore geschossen hat. Der wäre auch nicht mehr auf dem Markt. Wir brauchen einen, der noch mehr arbeitet. Ich habe mich mit einem Kandidaten getroffen und gesagt: Wenn du bereit bist, zu laufen, bis das Blut aus dem Schuh kommt, dann bist du herzlich willkommen am Valznerweiher.

Und was ist mit dem neuen Innenverteidiger?

Wir suchen noch. Aber wir haben mit Ondrej Petrak auch einen Spieler, der variabel ist. Er hat auf dieser Position die besten Spiele gemacht. Er wehrt sich zwar noch ein bisschen, aber es ist besser zu spielen, als als Sechser auf der Bank zu sitzen. Klar ist, wenn wir dort noch einen Spieler holen, sollte es ein gestandener Spieler sein. Wir haben schon genügend entwicklungsfähige Spieler im Kader. Dieser Spieler muss auch eine Führungsqualität haben. Wir reisen aktuell durch ganz Europa, haben drei, vier Spieler ins Auge gefasst.

Wer wird links verteidigen, wenn Dennis Lippert und Laszlo Sepsi fehlen?

Mit Tim Leibold haben wir einen Rückkehrer, der in guter Verfassung ist. Auch einen Enrico Valentini haben wir, der sehr variabel einsetzbar ist. Dann kommen auch Sepsi und Lippert zurück und zum Schluss haben wir vier linke Außenverteidiger. Also da wird wohl nichts mehr passieren

Das Comeback von Patrick Erras zieht sich weiter hin. Jetzt ist er schon wieder verletzt. Ihn plagen nach dem Totalschaden im Knie muskuläre Probleme ...

Das ist bitter für Patti. Sami Khedira hatte ein ähnliches Problem nach seinem Kreuzbandriss. Wenn man, wie bei Patrick, aus einem Muskel eine Sehne nimmt, um das Kreuzband zu ersetzen, dann ist auch der Muskel geschädigt. Das Knie, in dem er einen Totalschaden hatte, ist absolut in Ordnung. Das hat eine MRT-Untersuchung ergeben. Im letzten Spiel gegen Kaiserslautern habe ich ihn 90 Minuten spielen lassen, damit er mit dem Gefühl in die Pause geht, noch Fußball spielen zu können. Er hat ja mehr als ein Jahr nicht gespielt, da verzweifelst du irgendwann einmal in der Reha. Früher hätte so ein Schaden wie bei ihm das Karriereende bedeutet, heute ist die Medizin weiter.

Viele Verträge der jungen Spieler laufen in einem Jahr aus. Warum wird da nicht verlängert?

Nehmen wir Patrick Erras: Wenn ein Spieler ein Jahr lang verletzt ist, dann hat nicht oberste Priorität, sich über Verträge Gedanken zu machen. Entscheidend ist, dass der Verein Vertrauen in den Spieler hat und umgekehrt. Wenn er wieder fit ist, setzen wir uns zusammen. Ich habe zu keiner Millisekunde erkennen können, dass Patti Abwanderungsgedanken hätte. Er fühlt sich wohl bei uns. Er weiß, was er dem Verein zu verdanken hat.

Will Tobias Kempe jetzt weg oder bleibt er?

Wir wollen ihn nicht abgeben, er wird von Darmstadt umworben. Er hat noch einen längerfristigen Vertrag. Er ist ein wichtiger Spieler für uns. Das habe ich ihm auch gesagt. Er hat ein paar Tage gebraucht, aber jetzt trainiert er sehr professionell. Letztes Jahr hat man zum Beispiel bei Niclas Füllkrug oder Guido Burgstaller in der Kabine gemerkt, dass sie weg wollen. Das ist bei Tobi nicht so.

Raphael Schäfer steht nicht mehr im Tor. Ist die Nachfolger-Frage schon entschieden?

Fabian Bredlow ist ein Top-Torhüter. Thorsten Kirschbaum wird seinen Platz, den er letztes Jahr phasenweise hatte, nicht einfach abtreten. Die beiden werden sich leistungsmäßig hochschaukeln. Es gibt keine Deadline, bis wann wir entscheiden, wer spielt. Es geht auch darum, wer am ehesten unser Spiel mitspielen kann. Es war schon an der Zeit, auch im Tor einen Generationswechsel einzuleiten. Wir haben uns bewusst für zwei Torhüter für den Profikader entschieden. Wir haben dann noch zwei U21-Torhüter, die sich die Position drei teilen. Für die muss auch die Tür offen sein. Sie müssen auch die Chance sehen, Profi zu werden.

Wie sehen Sie das Potenzial Ihrer Mannschaft?

Wir haben richtig Potenzial, auch Spieler wie Tim Leibold oder Kevin Möhwald sind ja noch junge Burschen. Mit Georg Margreitter und Hanno Behrens sind sie die Eckpfeiler. Die Frage wird auch sein, welcher Spieler den nächsten Schritt in seiner Entwicklung macht. Insgesamt ist es eine mittelfristige Mannschaft. Mittlerweile ist ja die Eintrittskarte in die erste Liga sehr teuer. Wenn man da nur sieht, was Stuttgart und Hannover in die Hand nahmen und jetzt nochmals nehmen. Das können wir uns nicht leisten, wir müssen da andere Wege gehen. Wenn wir mal aufstiegsfähig sind und nach oben gehen, muss eine Mannschaft da sein, die man nicht mehr groß verändern muss.

Über die Hakeleien mit einem Teil der Fans?

Wir müssen mit einem Teil der Fanszene wieder eine gemeinsame Ebene finden. Uns muss es gelingen, dass wir das ganze Stadion hinter uns haben. Wenn es schlecht läuft, brauchen wir die Zuschauer. Auch wenn es im Spiel mal schlecht läuft, brauchen wir die Zuschauer. Auch die Fans müssen geschlossen sein. Wenn man gesehen hat, was die St.-Pauli-Fans zum Beispiel im Abstiegskampf in unserem Stadion an Zusammenhalt gezeigt haben, muss man den Hut davor ziehen.

Zu dick

Wie der Zufall so spielt: Unter den Club-Fans, die mit Michael Köllner diskutierten, war auch Markus Hirschmann, Boss des Hirschauer Fanclubs. "Ich komme aus Wiesau", sagte der, und da wurde der Fuchsmühler Köllner schon hellhörig. Er trainierte Hirschmann in der A-Jugend und der erinnert sich: "Ich bin meistens bei Dir auf der Bank gesessen. Du hast gesagt, ich sei zu dick." Köllner musste schmunzeln: "Ich kann mich erinnern, aber habe ich mich da nicht diplomatischer ausgedrückt?"

 
 

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