Es war ein Kriminalfall, von dem der NT-Reporter Heinz Hoffmannbeck auch nach Jahrzehnten noch erzählte. Noch in der Nacht hatte Hoffmannbeck dazu angesetzt, ein Sonderblatt drucken zu lassen. Denn was sich an der Neustädter Straße in Weiden ereignete, war in solch brutaler Form niemals zuvor in der Oberpfalz geschehen. Die Menschen in der Nordoberpfalz waren entsetzt und fassungslos.
Am Abend des 10. Dezember 1971 arbeiteten zu später Stunde noch mehrere Bedienstete im C&C-Meister-Großmarkt. Durch das Weihnachtsgeschäft mussten viele Regale aufgefüllt und natürlich auch die Kasse gemacht werden. 60 000 Mark waren eingenommen worden. Sie kamen in vier Geldbomben.
Zwei maskierte Räuber lauern in der Dunkelheit
Draußen im Dunkel der Nacht warteten zwei maskierte Räuber. Sie hatten offenbar lange ausgeharrt und waren auch gegen 23.15 Uhr noch da, als die Angestellten heimgehen wollten. Der damals 35-jährige Geschäftsführer und sein 28-jähriger Stellvertreter traten eben vor das Anwesen, als Schüsse aus Pistolen der Marken Luger 08 und Walther P38 fielen. Die Geldräuber eröffneten ansatzlos das Feuer und brachten beiden Männern tödliche Wunden bei. Zwei Kollegen der beiden Marktleiter erlitten durch Projektile schwere Verletzungen. Bei der Schießerei wurden, wie die Ermittlungen ergaben, mehrere Magazine leer geschossen.
Die skrupellosen Mörder brachten 35 000 Mark Bargeld und 4000 Mark in Schecks an sich. Dann flüchteten sie unerkannt. In ganz Ost- und Nordbayern wurden sogenannte "Schließketten" von der Polizei ausgelöst. Doch die Großfahndung verlief erfolglos. Das Kapitalverbrechen vor dem C&C-Großmarkt ließ die bis aus Regensburg angeforderten Ermittler nicht ruhen. Viele von ihnen sind heute längst in Pension. Doch auch nach 46 Jahren wird gerätselt: Wer hat diese Bluttat verübt? Am 22. September 1972, also fünf Jahre nach dem Start seiner jetzt 50 Jahre alten Sendung, schilderte Eduard Zimmermann in "Aktenzeichen XY ... ungelöst" den Fall.
Kriminalamtmann Ludwig Detter im Studio
Im Münchener Studio war der damalige Kripochef aus Neustadt/WN, Kriminalamtmann Ludwig Detter, zu Gast. Detter, ein bis heute auf lokaler Ebene legendärer Chefermittler, stellte 15 000 Mark Belohnung für Hinweise in Aussicht und suchte neben den Mördern nach einem Mann, der in Altenstadt/WN offenbar regelmäßig an Wohnungstüren um Kleidung gebettelt hatte. In Altenstadt war ihm kurz vor dem Verbrechen ein Mantel überlassen worden. Diesen sogenannten Dufflecoat fand später ein Spaziergänger im Wald. Bei der kriminaltechnischen Untersuchung ergab sich: Der Mantel war mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem der Täter in Weiden getragen worden.
Wie bekam er ihn? War der Bettler womöglich selbst an dem Raubüberfall beteiligt? Vor allem: Wer war dieser durchaus nicht heruntergekommen aussehende Mann, den man vergeblich nach Namen und Herkunft gefragt hatte? Auch das ist noch immer ein von der Polizei nie gelüftetes Geheimnis.
Weitere Fälle
- Fall Maria Baumer Ein weiterer Fall, der für viel Aufsehen gesorgt hat, war der um Maria Baumer. Die damals 26-Jährige verschwand Ende Mai 2012. Im November wandte sich ihr Verlobter in "Aktenzeichen XY... ungelöst" an die Öffentlichkeit. Im September 2013 wurde Baumer tot in einem Wald in Berhardswald (Landkreis Regensburg) gefunden. Wer sie umgebracht hat, ist bis heute unklar. Ihr Verlobter wird zwar verdächtigt, bestreitet die Tat aber.
- Beitrag nicht ausgestrahlt Im Dezember 2010 war ein 20-Jähriger in Trockau nach dem Besuch einer Discothek spurlos verschwunden. Suchaktionen der Polizei sowie ein Aufruf in den Medien blieben erfolglos. Im Frühjahr 2011 wurden Aufnahmen für "Aktenzeichen XY ... ungelöst" gedreht. Sie sollten am 30. März ausgestrahlt werden. Dazu kam es nicht mehr. Der 20-Jährige wurde am 24. März tot in einem Waldstück gefunden.
- Vorgetäuschtes Verbrechen Nachdem er Anleger um 6,5 Millionen Euro gebracht hatte, setzte sich ein Professor im September 2002 in die Karibik ab. Vorher fuhr er sein Auto in ein Waldstück bei Leuchtenberg. Dort verteilte er Blut und Haare, um sein Verschwinden wie ein Verbrechen aussehen zu lassen. Auch "Aktenzeichen XY ... ungelöst" berichtete über das Verschwinden. Einen Monat nach seinem Verschwinden wurde der Mann in der Karibik festgenommen. (ehi)
„Aktenzeichen XY“: Immer wieder brauchbare Hinweise
Regensburg/Weiden. (ehi) Der C&C-Markt-Mord in Weiden oder die Vermissten Monika Frischholz aus Flossenbürg, Maria Baumer aus Muschenried sowie Malina K. aus Regensburg - aus der Oberpfalz haben es immer wieder Fälle in die Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" geschafft. "Für uns ist die Sendung ein Segen. Hin und wieder bekommen wir dadurch entscheidende Hinweise", sagt Dietmar Winterberg, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberpfalz.
Die Polizei gebe aktuelle Fälle an die Sendung, wenn sie der Meinung sei, dass in der Öffentlichkeit jemand die Tat bemerkt haben müsste, sich bisher aber keine Zeugen gemeldet haben. Eine zweite Möglichkeit sei, dass ein Altfall noch einmal aufgegriffen wird. "Dass passiert zum Beispiel, wenn es neue Indizien gibt, zu denen jemand etwas bemerkt haben könnte", erklärt Winterberg.
Dabei sei es aber - wie auch bei Aufrufen in Presse oder Internet - so, dass viele der eintreffenden Hinweise unbrauchbar seien. Einige wenige würden den Ermittlern aber weiterhelfen. "Es müssen nicht immer ganz konkrete Hinweise sein", fährt der Polizeisprecher fort. Manchmal würde auch eine grobe Aussage reichen, um die Ermittler in die richtige Richtung zu führen.
Es könnte aber natürlich auch sein, dass durch die Thematisierung eines Falls in der Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" der entscheidende Hinweis aus der Bevölkerung komme. Dass das schon einmal bei einem Oberpfälzer Fall gewesen sei, daran kann sich Winterberg persönlich allerdings nicht erinnern.
50 Jahre "Aktenzeichen XY ... ungelöst"
Am 20. Oktober 1967 wurde die erste Folge der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" ausgestrahlt. Seitdem wurden mehr als 4500 Kriminalfälle, darunter 544 aus Bayern thematisiert. Mehr als 1850 Fälle (Bayern: 247) konnten aufgeklärt, 2319 Täter konnten bis zum 1. August 2017 festgenommen werden. Meistens geht es bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst" um Tötungsdelikte (1502 Fälle), dicht gefolgt von Raub (1287). Betrug kam mit 589 Fällen vor.
3604 Verbrechen fanden in Deutschland statt. Die Polizei in Österreich und der Schweiz wandte sich jeweils in rund 460 Fällen an die Öffentlichkeit vor den Fernsehern. Auch eine Straftat aus Schweden war dabei - und konnte gelöst werden, während die Erfolgsquote bei 5 Fällen aus Belgien bei Null lag.
Seit 2002 moderiert Rudi Cerne "Aktenzeichen XY ... ungelöst". Zuvor führte Butz Peters durch die Sendung (ab 1997). Erster Moderator war Eduard Zimmermann. Am Mittwoch, 25. Oktober, läuft um 21.45 Uhr eine Dokumentation über die Sendung im ZDF. (dpa)
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