Weiden/Amberg. Die Zahl der mono-edukativen, also getrenntgeschlechtlichen Schulen in Bayern nimmt ab. Waren es im Freistaat im Schuljahr 2011/12 noch 125 Schulen, an denen nur Jungs oder nur Mädchen unterrichtet wurden, gab es nach Angaben des Kultusministeriums 2016/17 nur noch 100. In der Oberpfalz dagegen blieb die Zahl stabil.
Sowohl 2011/12 als auch 2016/17 gab es in der Oberpfalz "18 allgemeinbildende Schulen, an denen überwiegend monoedukativer Unterricht erteilt wurde", erklärt Julia Graf von der Pressestelle des Kulturministerium. "Überwiegend", bedeute in diesem Fall, dass "der Anteil des jeweils anderen Geschlechts an der Schülerschaft an der Schule weniger als fünf Prozent betrug". Laut Graf könne es in Ausnahmefällen zur Aufnahme von Schülern des anderen Geschlechts kommen.
Das kann zum Beispiel im achtstufigen Gymnasium der Fall sein, wenn ein bestimmtes Additum - ein Zusatzkurs, der bei bestimmten Kombinationen von Prüfungsfächern verpflichtend ist - wegen zu wenig Teilnehmern nur an einer Schule in der Umgebung angeboten wird. In so einem Fall habe zum Beispiel auch das Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium in Amberg kein Problem, einen Jungen aufzunehmen. "Wenn sich das um ein bis zwei Stunden in der Woche handelt, in denen der Schüler bei uns wäre, wäre eine Kooperation mit einer anderen Schule denkbar", erklärt Schulleiter Günter Jehl. Eine vollständige Aufnahme eines Schülers sei aber nicht möglich. Ähnlich sieht es am Elly-Heuss-Gymnasium in Weiden aus. Wie Schulleiter Reinhard Hauer betont, habe es zum Beispiel beim Kunst-Additum schon einmal eine Kooperation mit dem Augustinus-Gymnasium gegeben. Auch sei die im Schulgebäude stattfindende Begabtenförderung für alle offen.
Die Schulleiter sehen in den reinen Mädchenklassen vor allem einen Vorteil: "Es herrscht eine andere Atmosphäre. Ein ruhiges, konzentriertes Lernklima", erklärt Hauer. Gerade in der Pubertät seien Mädchen und Jungs unterschiedlich weit entwickelt und bräuchten dementsprechend eine andere Förderung. Zudem könne zum Beispiel im MINT-Bereich in einer homogenen Klasse besser auf Mädchen eingegangen werden. "In den naturwissenschaftlichen Fächern sind es in gemischten Klassen meist die Jungs, die sich zum Beispiel für Experimente freiwillig melden. Mädchen, die sich auch dafür interessieren, geraten da schnell in den Hintergrund", berichtet Jehl aus Erfahrung. Er war selbst viele Jahre an einer gemischten Schule tätig.
Grundsätzlich sei es aber nicht so, dass die Dr.-Johanna-Decker-Schulen Kontakt ihrer Schülerinnen zu Vertretern des männlichen Geschlechts verhindern wollen, erklärt Jehl. Genauso sieht das auch sein Kollege Hauer. Bei Veranstaltung abseits des klassischen Unterrichts - sei es ein Tag der offenen Türe, ein Schulfest oder ein Projekt - seien alle Geschlechter willkommen. Jehl sagt aber auch, dass es Einstellungssache sei, auf welche Schule ein Kind gehe. Eine monoedukative Schule biete seiner Meinung nach den Mädchen einen geschützten und besser auf sie zugeschnittenen Bereich. "Aber ich verstehe natürlich auch, wenn jemand sagt 'das ist nichts für mich'."
Auch einen Rückgang an Schülerinnen sieht Jehl nicht - zumindest an der Realschule. Am Gymnasium sei das anders. "Das liegt aber nicht an der monoedukativen Ausrichtung, sondern daran, dass die Schülerzahlen an den Gymnasium insgesamt zurückgehen."
Vielfältiges Schulangebot
Aus Sicht des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes ist ein vielfältiges Schulangebot - wie kirchliche oder Waldorfschulen - zu begrüßen, wie Präsidentin Simone Fleischmann sagte. "Wenngleich das immer auch ein Stück weit eine Konkurrenz zu den staatlichen Schulen darstellt." Welche Vor- oder Nachteile getrenntgeschlechtlicher Unterricht habe, lasse sich schwer sagen. "Da scheiden sich die Geister." Wichtig sei, dass Eltern für ihr Kind die passende Schule fänden. Im Schuljahr 2016/17 gab es im Freistaat rund 4600 allgemeinbildende Schulen, darunter 3600 staatliche, an denen insgesamt etwa 1,7 Millionen Schüler unterrichtet wurden. Rund 80 Prozent der getrenntgeschlechtlichen Schulen stehen in kirchlicher Trägerschaft. 63 Prozent davon sind Realschulen und gut 20 Prozent Gymnasien. (dpa)
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