Winklarn/Teunz. Viele der in Ostbayern entstandenen Hinterglasbilder sind hinsichtlich Motiv und Ausführung anrührend gestaltet. Dies gilt insbesondere für die Weihnachtsmotive, die "die Herzen öffnen", wie jüngst eine Besucherin im Dokumentationszentrum zur Winklarner Hinterglasmalerei gestand. Dort spielen seit 2013 die Malerfamilien Roth, Ruff und Wellnhofer und deren umfangreiches Werk als Hauptvertreter einer eigenständigen künstlerischen Schaffensepoche von ungefähr 150 Jahren die Hauptrolle.
Vorlagen vererbt
Der Experte für Hinterglasbilder, Dr. Reiner Reisinger, konzipierte zusammen mit einem engagierten Arbeitskreis und Fachstellen die aufschlussreiche Dauerausstellung, in der auch die Riss-Bestände der Malerfamilie Ruff erfasst sind, die einst von Winklarn an die Städtischen Museen in Regensburg gingen. Risse sind die Vorlagen-Zeichnungen für Hinterglasbilder, die in den Malerfamilien von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Identisch waren die Bilder deshalb noch lange nicht. Bei differenzierender Betrachtung wird klar: Sowohl innerhalb der Familien, erst recht aber bei Gegenüberstellung der einzelnen Maler-Dynastien gibt es Unterschiede bei der Ausarbeitung. Die Risse sind mitunter Nachzeichnungen von bekannten Kupferstichen, wie beispielsweise die Anbetung der Hirten mit den Verkündigungsengeln, die über der Krippe in einer Wolke schweben. Ein weiteres Weihnachtsmotiv der Malerfamilie Ruff ist die Flucht nach Ägypten: Maria mit dem Jesuskind auf einem Esel, der von Josef geführt wird. Erika und Adolf Eichenseer veröffentlichten diese Zeichnung von Karl Joseph Ruff dem Älteren in ihrem Hausbuch "Oberpfälzer Weihnacht" bereits vor vielen Jahren.
Zahlreiche zeitgenössische Maler entdeckten inzwischen die Volkskunst des Hinterglasbilds. Zu ihnen zählt Andrea Zimmet, die vielen als langjährige Mitwirkende beim Oberviechtacher Doktor-Eisenbarth-Festspiel bekannt ist. Die Hobbymalerin aus Teunz greift auf Vorlagen sowohl aus Winklarn als auch aus Raimundsreuth im Bayerischen Wald zurück. Das schlafende Jesulein mit einem reichen Blumendekor und einem Ruß-Hintergrund ist eine qualitätsvolle Arbeit der Teunzer Freizeitmalerin.
Auch als Auftrag
Unter die Leute gebracht wurden die Winklarner Hinterglasbilder durch Händler und Hausierer. Ein Großteil der Bilder sind aber Auftragsarbeiten, die direkt beim Maler bestellt wurden. Das Winklarner Dokumentationszentrum, das in der Schule untergebracht ist, aber auch die Museen in Neunburg vorm Wald und in Oberviechtach, die jeweils über Hinterglas-Abteilungen verfügen, erfassen auch die Produktionsformen und den Vertrieb dieser für die Region typischen Bilder. (Hintergrund)
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