Michaela Frauendorfers (54) Aufstieg in der Amberger CSU war alles andere als eine Ochsentour. Sie ist erst seit dem Kommunalwahlkampf 2014 in der Lokalpolitik präsent, schaffte es aus dem Stand heraus in den Stadtrat, übernahm 2015 von Barbara Lanzinger den Kreisvorsitz der Frauen-Union und wurde nun ohne Gegenkandidat als zweite Frau nach Lanzinger (2005 bis 2011) an die Spitze des CSU-Kreisverbandes gewählt. Mit 73,6 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen.
Das ist nicht nur für die üblicherweise mit Geschlossenheit auftrumpfenden Christsozialen zumindest bemerkenswert. Der nach zwei Perioden nicht mehr kandidierende Amtsvorgänger Stefan Ott fuhr deutlich bessere Ergebnisse ein. Bei seiner ersten Wahl 2015 waren es 81,2 Prozent, 2017 sogar 91,5 Prozent. Ende Februar hatte die CSU Michaela Frauendorfer als designierte Nachfolgerin von Ott präsentiert.
"Kurzfristig entschuldigt"
Seither war er nicht mehr in breiterer Öffentlichkeit aufgetreten und wurde von Oberbürgermeister Michael Cerny für die Kreisvertreterversammlung am Donnerstagabend "kurzfristig entschuldigt". Die Zeit hatte aber noch ausgereicht, Otts Rechenschaftsbericht als stichpunktartigen und auf den Tischen ausliegenden Flyer drucken zu lassen und den Amtsvorgänger per mehrminütigem Video einzuspielen. Darin erklärte Ott unter anderem, verreist zu sein. Die personelle Rochade an der Spitze des Kreisverbands mit 542 Mitgliedern scheint intern also nicht ganz ohne persönliche Blessuren abgegangen zu sein.
In ihrer 16-minütigen Vorstellungs- und Bewerbungsrede beschrieb sich die gebürtige Ambergerin als ihrer Heimat innig verbunden. "Ich möchte der Stadt etwas von dem zurückgeben, was ich in Amberg erfahren habe", skizzierte die 54-Jährige einige biografische Stationen. Und für sie ist klar: "Die CSU prägt Amberg." Die früher in der Stadt als Staatsanwältin bekannte jetzige Richterin am Oberlandesgericht ist nunmehr als weitere stellvertretende Direktorin im IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz tätig, das vor wenigen Jahren im Zuge der Behördenverlagerung nach Amberg kam.
Kämpferisch im Ton
"Natürlich möchte ich der CSU meine Handschrift geben", erklärte Frauendorfer in die Runde der 59 Kreisdelegierten und zeigte sich mit Blick auf den Kommunalwahlkampf kämpferisch. Sie forderte die Vertreter der neun Amberger Ortsverbände auf, für eine absolute Mehrheit im Stadtrat zu kämpfen, um die Vorstellungen der Partei zum Wohl der Stadt möglichst gradlinig und "ohne Kompromisse eingehen zu müssen" umsetzen zu können. "Es wird schwer, aber es ist machbar", betonte die neue Kreisvorsitzende und demonstrierte parteipolitisches wie persönliches Selbstbewusstsein. "Wir machen aus jeder Situation das Beste. Ich bin ein positiver Mensch, ja, ich will das und ich kann das", empfahl sie sich für das Amt.
Wahlergebnis
Nach den Wahlmodalitäten der CSU werden Enthaltungen als ungültige Stimmen gewertet. Demnach entfielen bei der Wahl von Michaela Frauendorfer zur neuen Kreisvorsitzenden bei 58 abgegebenen, 5 ungültigen und 14 Nein-Stimmen, 39 Ja-Stimmen auf die einzige Bewerberin um dieses Amt. Das entspricht 73,6 Prozent. (zm)
Das mit dem weiblich
Die CSU will weiblicher werden. Unter anderem, weil das der neue Parteivorsitzende Markus Söder so gesagt hat. Doch schon sprachlich ist das alles nicht so einfach. Jede Frau ist zwar weiblich, weiblich ist jedoch nicht gleich Frau. Was nach einer wortspielerischen Spitzfindigkeit klingt, geht deutlich tiefer. Es zeichnet völlig unterschiedliche Frauenbilder. Unter Frauenpolitik verstand die CSU bisher Mütterrente, Familien-, Erziehungs- und Pflegegeld. Dahinter verbirgt sich das Bild von Frauen als das geschlechtsspezifische, mütterliche Zentrum familiären Lebens. Der weibliche Aspekt.
Michaela Frauendorfer verkörpert hingegen ein Frauenbild, das viel mehr von aufgeklärter und selbstverständlich gelebter Gleichberechtigung der Geschlechter geprägt ist. Berufstätige Mutter, gut situiert, erfolgreich im eigenen Job, selbstbewusst, durchsetzungsfähig. Das unterscheidet sie zwar wenig von weiten Bereichen der Männerwelt, aber sehr deutlich von der Weiblichkeit nach bisheriger CSU-Manier. Vielleicht erklärt sich so das relativ schlechte Wahlergebnis für die neue Kreisvorsitzende. Womöglich hätte Markus Söder sagen sollen, fraulicher werden zu wollen.
Michael Zeißner