(roa) Ihre Familie wartet. Ihre Freunde warten. Es ist ein qualvoller Zustand. Die sterblichen Überreste von Sophia befinden sich auch sechs Wochen nach dem Gewaltverbrechen immer noch in Spanien. "Wann die Überführung des Leichnams bewilligt und durchgeführt wird, entscheiden die spanischen Behörden", sagte Daniel Götz, stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bayreuth diese Woche. Es gebe diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse. Die Ermittlungen in Spanien einschließlich rechtsmedizinischer Untersuchungen würden noch andauern. Wie lange noch? Die Dauer könne nicht abgeschätzt werden, lautete die Antwort.
Phrasen, die den Angehörigen nicht weiterhelfen. Der Bruder der Ermordeten recherchierte auf eigene Faust. Beim Auswärtigen Amt, bei der deutschen Botschaft in Madrid, bei der Staatsanwaltschaft in Bayreuth. Bislang habe er noch keinen Rechtsmediziner finden können, der ihm erklärt hätte, warum eine Obduktion so lange dauere, so der Bruder gegenüber Oberpfalz-Medien.
Am Mittwoch konnten die Angehörigen und Freunde in der Amberger Paulanerkirche inmitten der Altstadt ihrer Trauer endlich Raum geben. Sie beteten gemeinsam, dort wo der Vater der Ermordeten als evangelischer Pfarrer tätig war. Und dort, wo gegenüber im Gemeindehaus Sophia am 22. März einen Vortrag über die Flüchtlingssituation auf Lesbos und die Arbeit der No-Border-Kitchen gehalten hatte. Es war ein Beitrag zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus.
Ihre entsprechende Haltung dazu und das Gewaltverbrechen, bei dem der mutmaßliche Täter ein 41-jähriger marokkanischer Trucker ist, hatten im Internet zu Hasstiraden geführt. Schon im Vorfeld der Trauerfeier fürchtete die Familie einen Medienrummel. Sie hätten am liebsten die Öffentlichkeit bei dem Gottesdienst komplett ausgeschlossen. Hunderte Menschen aus ganz Deutschland kamen trotzdem. Die Trauerrede hielt Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Er versuchte, ihnen Mut zu machen: "Überall, wo Sophia lebte, hat sie Spuren der Freundschaft hinterlassen, die jetzt zu einer großen Gemeinschaft angewachsen sind." Bereits als Schülersprecherin am Max-Reger-Gymnasium sei sie maßgeblich daran gewesen, dass die Einrichtung bereits 2009 den Titel "Schule ohne Rassismus" erhalten habe. Er stellte ihre Menschlichkeit heraus, ihre Persönlichkeit, ihre Fähigkeit, zu kritisieren und für jene einzustehen, die nicht so wortgewandt seien.
Der Vorsitzende der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern nahm auch Stellung zu zahlreichen hässlichen Kommentaren auf vielen Kanälen: "Es ist schwer, diesen Hass auszuhalten. Es ist schwer, zu verstehen, wie Menschen in einer solchen Situation ohne jede Rücksicht auf die trauernden Angehörigen zu solchem Hass fähig sind". Bedford-Strohm kennt Sophia noch als Studentin aus seiner Zeit als Professor der Universität Bamberg, als Kämpferin gegen die Studiengebühren. "Ich glaube, ihre Kritik hat damals auch mir gegolten."
Auch ihre Freunde sprechen, teilweise unter Tränen. "Sie fehlt uns so sehr", sagte eine junge Frau. "Sie war ständig in Bewegung. Und diese Bewegung hat uns alle bewegt", so ein anderer. Mit der Trauerfeier in der Paulanergemeinde kehrte die Familie dorthin zurück, wo Sophia getauft worden war. Ein Babyfoto auf der Kondolenzkarte, die am Eingang aufliegt, erinnert an "das kleine Wunder Sophia" vor 28 Jahren.
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