11.01.2018 - 14:34 Uhr

"Weg von hier" im Amberger ACC: Die rasante Weltanschauung des Erwin Pelzig

Eigentlich will Frank-Markus Barwasser mit seinem aktuellen Programm "Weg von hier" gar nicht kommen, weil er gepeinigt durch die Informationsflut am liebsten zu Hause bleibt. Aber dann überlegt er es sich anders.

Frank-Markus Barwasser in seiner Rolle als Erwin Pelzig mit gewohntem Outfit.
Frank-Markus Barwasser in seiner Rolle als Erwin Pelzig mit gewohntem Outfit.

Ein Tisch mit Stuhl, ein Glas Weizen, Rotwein und Wasser - mehr braucht er nicht um drei unterschiedliche Charaktere auf die Bühne zu zaubern. Pelzig, Hartmut und Dr. Göbel lassen am Mittwochabend einen wahren Wort-Tsunami über das Publikum in der "Archideggdonischen Berle" (dem ACC) losbrechen. "Sag' mal, wie kann man sich soviel merken" wundert sich eine Besucherin an ihre Begleitung gewandt beim Gang in die Pause.

In rasender Geschwindigkeit wechselt er durch Gestik, Tonfall und Meinungen die Personen, erweckt den Eindruck, dass es sich um ein Gespräch von dreien handelt. Ebenso genügt ihm seine mitgebrachte Sitzgelegenheit - denn mehr passt nicht in seinen Jetta - um anschaulich die Walt-Disney-Methode vom Träumer, Kritiker und Realisten vorzuführen. Dabei dürfen gegenwärtige Diktatoren darauf Platz nehmen, um durch Barwassers Äußerungen von ihren Fantasien, die ekelhafte Wahrheit über ihr Tun und den gegenwärtigen Stand ihres Treibens zu resümieren.

Eine leichte Kost ist sie nicht, die das Publikum auf fränkisch serviert bekommt, doch es ist von Anfang an begeistert dabei. Nur wenige Sätze genügen und es gibt Szenenapplaus für den Herrn in kariertem Hemd, mit Cordhut und Täschchen. Ob es sich dabei um deutsche Politik, Banken, Großunternehmer, Terror und vieles mehr dreht, immer trifft der Alleinunterhalter den richtigen Ton mit einem absolutem Allgemeinwissen, das an ein lebendig gewordenes Wikipedia erinnert. Und so kommt er gegen Ende auch zu seinen Zukunftsszenarien, in denen er sich auf die selbstfahrenden Autos freut, die er dann mit seinem analogen Jetta Baujahr 1984 massiv ärgern kann. Alias Hartmut ist vor allem über die Aussicht auf künftige Sexroboter euphorisch. Ist er ein philosophischer Kritiker oder ein kritischer Philosoph? Das lässt sich nach dem fast dreistündigem Abend kaum sagen, aber eines ist den Besuchern klar: Sein Witz und Intellekt sind unschlagbar und werden trotz mentaler Erschöpfung abschließend mit frenetischem Beifall honoriert.

Zitate von Erwin Pelzig

Jamaika ist viel zu lebensbejahend für diese Konstellation.

SPD ist die Störung der Totenruhe - die Grünen sind paarungswillig.

Ich habe nichts gegen Gefühle, hatte selbst eines und war sehr zufrieden.

Mein 84er Jetta ist genauso dreckig wie ein neuer Golf, aber ehrlich.

Im Dunkeln lohnt es sich hundert mal den Busch für einen Bären zu halten, als einmal den Bär für einen Busch.

Wir müssen unseren Ängsten unsere Respektlosigkeit entgegen rotzen.

Da schickt der Verstand mal wieder herzliche Grüße aus dem Urlaub.

 
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