Einer der sechs aus einem Gehege im Landkreis Regen entkommenen Wölfe ist am Sonntag erschossen worden. Versuche, das Tier zu fangen oder zu betäuben, seien gescheitert, teilte der Nationalpark Bayerischer Wald mit. Ein anderer Wolf war kurz nach dem Ausbruch von einer Regionalbahn erfasst und getötet worden. Die sechs Tiere waren in der Nacht zum Freitag aus ihrem Gehege bei Lindberg (Kreis Regen) entkommen, weil ein Tor offen stand (wir berichteten). Ob es mutwillig geöffnet wurde, war zunächst völlig unklar.
Nach zwei Tagen erfolgloser Suche hatte die Nationalparkverwaltung beschlossen, die Tiere abschießen zu lassen, wenn sie sich nicht einfangen ließen. „Wir können und werden hier zum Schutz der Menschen kein Risiko eingehen“, sagte Nationalparkleiter Franz Leibl am Sonntag. Gehegewölfe seien in ihrem Verhalten nicht mit freilebenden Wölfen zu vergleichen. Sie zeigten gegenüber den Menschen nur wenig Scheu. In dem Gehege bei Lindberg hatte ein Wolfsrudel mit insgesamt neun Tieren gelebt. Sie hätten ihr gesamtes Leben in menschlicher Obhut verbracht und seien in freier Wildbahn nicht lange Zeit überlebensfähig, erklärte die Nationalparkverwaltung in einer Mitteilung.
Mehr als 30 Mitarbeiter des Parks waren in kleinen Teams sowohl mit Narkosegewehren als auch mit scharfer Munition ausgestattet seit Freitag im Gelände unterwegs. Zusätzliche Narkosegewehre habe sich die Nationalparkverwaltung bei den Zoos in Straubing und Lohberg (Kreis Cham) geliehen, hieß es weiter. Es sei vergeblich versucht worden, die zu diesem Zeitpunkt noch in Gehege-Nähe befindlichen Wölfe mithilfe einer Treiberkette vorsichtig wieder ins Gehege zurück zu treiben.
Bei den eigens mit Wärmebildkamera und Nachtsichtgeräten ausgerüsteten Tierpflegern, die durchgehend in der Nacht zum Samstag und in der Nacht zum Sonntag den Hochsitz an der Fang-Anlage besetzten, ließen sich die Tiere nicht blicken. Nach Informationen des Nationalparks sei zudem seit Samstag eine beköderte Kastenfalle in der Nähe des Wolfsgeheges gestanden.
Nachdem es im Verlauf des Samstags im Bereich Frauenau (Kreis Regen) zu kritischen Situationen mit Personen und einem Wolf gekommen ist, wurde auch der Abschuss der Tiere, vorrangig in Ortsnähe, als finale Option beschlossen, teilte der Nationalpark mit. Im Verlauf des Sonntagvormittags sei demnach erneut ein Wolf zwischen Zwieselerwaldhaus und Ludwigsthal gesichtet worden. Versuche, das Tier einzufangen oder zu betäuben, waren gescheitert. Der Wolf wurde schließlich erschossen. Die Wölfe einfangen zu können, werde laut Nationalparkleiter Franz Leibl zunehmend unwahrscheinlicher, da sie nicht mehr im Rudel unterwegs seien, hieß es. Sie bewegten sich allein oder zu zweit auf einer Fläche von etwa 50 Quadratkilometern.
Hintergrund
Wölfe in der Oberpfalz
Nicht nur im Bayerischen Wald und in gesicherten Gehegen gibt es Wölfe. In der Vergangenheit wurden auch immer wieder Tiere in der nördlichen Oberpfalz gesichtet – vor allem auf den Truppenübungsplätzen Grafenwöhr und Hohenfels. Zudem hält sich wohl ein Tier im Veldensteiner Forst im Landkreis Sulzbach-Rosenberg auf. Dort wurden in den vergangenen Monaten mehrere Tierkadaver entdeckt. Anhand genetischer Spuren konnte nachgewiesen werden, dass die Tiere von einem Wolf – einem Weibchen – gerissen wurden.Auch hoffen die Fachleute in Grafenwöhr auf Wolfsnachwuchs. Der Grund: Dort wird immer wieder ein Wolfspaar gesehen, das deshalb als standorttreu gilt. Wolfswelpen gesichtet wurden bisher aber noch nicht. Was aber nichts bedeutet, denn das Übungsplatzgelände ist weitläufig. Es bietet den Tieren viel Platz zum Verstecken.
Abschuss in Ausnahmefällen
Der Wolf ist streng geschützt. Doch in strengen Ausnahmefällen ist ein Abschuss möglich. Das regelt der „Managementplan Wölfe in Bayern“ des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU). Ist ein Wolz Menschen oder Tieren gegenüber aggressiv, obwohl er nicht provoziert wurde, kann er zum Abschuss freigeben werden. Das gab es in Bayern allerdings noch nicht. Auch wenn ein Wolf wiederholt zum Beispiel Schafe reißt, obwohl diese durch Zäune geschützt waren, kann er geschossen werden.Allerdings sei ein Abschuss die letzte Maßnahme und eine Einzelfallentscheidung, wie im Managementplan steht. Das Landesamt für Umwelt arbeitet momentan an einer Neufassung des Plans. Demnächst soll Stufe drei fertiggestellt und der Umgang mit Wölfen weiter geregelt werden, sagte Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) im August. Erst am Montag demonstrierte der Bauernverband vor dem Prinzregententheater in München zu „Weidetiere statt Wolfsreviere“. Bayerische Landwirte und Nutztierhalter fordern, den strengen Schutz der Wölfe zu lockern.
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